Wiedereingliederung – schwerbehinderter Arbeitnehmer – Schadensersatz

Wiedereingliederung – schwerbehinderter Arbeitnehmer – Schadensersatz wenn der Arbeitgeber „mauert“.

  1. Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer kann nach § 164 (alt:81) Abs. 4 S. 1 SGB IX a.F. eine anderweitige Tätigkeit auch im Rahmen einer Wiedereingliederung verlangen.
  2. Versäumt es der Arbeitgeber schuldhaft, die behinderungsgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers nach § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX zu ermöglichen, hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Vergütung.

LArbG Berlin-Brandenburg, 23.05.2018, Aktenzeichen: 15 Sa 1700/17

Richard nach dem BR 1 Seminar

Normalerweise bin ich nicht so ein großer Fan von Inhouse-Seminaren, aber da wir möglichst viele BR-Kolleginnen und Kollegen daran teilnehmen lassen wollten, war dies die richtige Entscheidung.

Es war auch richtig, sich für Konsem zu entscheiden.

Martin hat für die neuen BR-Mitglieder das Thema sehr gut vorbereitet und rübergebracht. Das Seminar war total kurzweilig und hat uns eine gehörige Motivation mitgegeben, wie wir zukünftig die tägliche betriebsrätliche Arbeit gestalten.

Erste Schritte nach der Wahl

1 Sich bekannt machen

  • Bekanntmachung formulieren:
    • Vorstellung der Schwerbehindertenvertretung (SBV) und der Stellvertretung (mit Bild)
    • Für wen ist die SBV da?
    • Für was ist sie zuständig?
    • Wie ist sie zu erreichen? (Ort, Telefonnummer, E‐Mail, Sprechstunde)
  • Bekanntmachung als Rundschreiben per E‐Mail versenden und am Schwarzen Brett aushängen
  • Bei einem Betriebsrundgang sich persönlich vorstellen
  • Auf der nächsten Betriebsversammlung sich persönlich vorstellen
  • Beim Arbeitgeber nachfragen: Sind Integrationsamt und Arbeitsagentur über das Wahlergebnis informiert?

2 Kontakte aufnehmen

  • zu den stellvertretenden SBV´n
  • zum Betriebs‐ oder Personalrat oder MAV
  • zum Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers
  • zum Betriebsarzt und zur Fachkraft für Arbeitssicherheit
  • zum Integrationsamt
  • zur Agentur für Arbeit
  • zu den schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb

3 „Büro“ der SBV einrichten

  • Raum für Sprechstunde festlegen (evtl. mit Arbeitgeber klären)
  • Abschließbaren Schrank für vertrauliche Unterlagen nutzen
  • Fachliteratur besorgen

 4 Die behinderten Mitarbeiter kennenlernen

  • beim Arbeitgeber das aktuelle Verzeichnis der schwerbehinderten Menschen anfordern
  • Arbeitsplatzkartei und Gefährdungsanalyse für die Arbeitsplätze besorgen
  • Gesprächsangebote machen (z.B. durch Hinweis auf Sprechstunde der SBV)

5 Arbeiten organisieren

  • Termin für SBV‐Sprechstunde festlegen
  • Treffen des betrieblichen Integrationsteams vereinbaren
  • An Betriebsrats‐ Personalratssitzung(en) teilnehmen
  • an Ausschusssitzung(en) teilnehmen
  • Regelmäßig Betriebsrundgang durchführen
  • Arbeitgebergespräche (monatlich bzw. vierteljährlich) vereinbaren
  • Schwerbehindertenversammlung planen
  • Beiträge für die Mitarbeiter‐ oder BR/PR‐Zeitung vorsehen
  • „Ruhige Stunde“ für die Schreibtischarbeit einplanen

6 Basiswissen aneignen

  • Seminarprogramm organisieren und diverse Weiterbildungen besuchen

 

Schwerbehindert allein wegen psychischer Beeinträchtigungen?

Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen können dazu führen, dass die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Aber welche Beeinträchtigung führt im Einzelfall dazu, dass allein deshalb ein Grad der Behinderung von mindestens 50 und damit die Eigenschaft als Schwerbehinderte*r festzustellen ist?

Diese Frage wurde beim Sozialgericht in Aachen (S 18 SB 1001/16) und anschließend vom DGB-Rechtsschutz erörtert:

https://www.dgbrechtsschutz.de/recht/sozialrecht/schwerbehinderte/schwerbehindert-allein-wegen-psychischer-beeintraechtigungen/

SBV nicht angehört – Kündigung unwirksam

Genügt es, wenn die SBV nach Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung angehört wird?

Eine Mitarbeiterin, mit einem GdB von 40 und gleichgestellt, erhielt eine ordentliche Kündigung. Der Arbeitgeber hatte hierzu zuerst beim Integrationsamt die Zustimmung beantragt und erhalten.
Erst hörte er den Betriebsrat und danach erst die SBV an, die der Kündigung widersprach.

Die Beschäftigte erhob gegen diese Kündigung Klage und begründete dies mit der verspäteten Beteiligung der SBV. Sie bekam Recht.

Das Gericht begründet dies damit, dass eine Kündigung nicht nur dann unwirksam ist, wenn die SBV gar nicht zu dieser Maßnahme angehört, sondern auch dann, wenn sie verspätet beteiligt wird.
§ 178 Abs. 2 SGB IX sieht vor, dass die SBV unverzüglich vor der Entscheidung anzuhören ist.
Dies bedeutet, dass die SBV bereits dann zu beteiligen ist, wenn der Arbeitgeber seinen Kündigungswillen gebildet hat, damit sie die Willensbildung beeinflussen kann.
Da zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Integrationsamt sich die Kündigungsentscheidung beim Arbeitgeber jedoch schon verfestigt hat, ist eine Beteiligung der SBV erst nach Abschluss dieses Verfahrens verspätet, da die SBV nicht mehr einwirken kann.

Daher ist eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu diesem späten Zeitpunkt nicht ordnungsgemäß, weshalb die Kündigung nach der neuen Regelung des § 178 Abs. 2 SGB IX unwirksam ist.

LAG Chemnitz – 08.06.2018 – 5 Sa 458/17

Anhängig beim BAG unter: – 2 AZR 278/18

Vorschriften über die Wahlanfechtung

Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats sind auch für die SBV-Wahl entsprechend anzuwenden

Nach § 177 Absatz 6 Satz 2 SGB IX sind die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats entsprechend auf die Wahl der Schwerbehindertenvertretung anzuwenden.

Daraus folgt, dass der Abbruch der Wahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens nur in Betracht kommt, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.

Die Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Wahl

Gleichzeitige Beteiligung von 2 SBV´n

Sind gleichzeitig zwei SBV´n zu beteiligen, richtet sich der Umfang der Unterrichtung, ebenso wie bei der notwendigen Beteiligung zweier Betriebsräte, nach der Reichweite und Zielrichtung der Beteiligungsrechte der jeweils zu beteiligenden Schwerbehindertenvertretungen.

Dies kann immer dann der Fall sein, wenn innerhalb eines Unternehmens jemand von Betrieb zu Betrieb versetzt werden soll.

Bay. VGH Beschluss vom 23.02.2018, 6 CS 17.2556

Wahlanfechtung – Wahlgeheimnis

Verzicht auf Wahlgeheimnis – geht gar nicht!

Der Wähler kann auf die Wahrung seines Wahlgeheimnisses nicht wirksam verzichten Der Grundsatz der geheimen Wahl ist nicht nur ein subjektives Recht. Er dient dem Schutz der Wahlfreiheit und gewährleistet damit die Legitimation der Gewählten. Auch bei einer schriftlichen Stimmabgabe ist ein Verzicht auf die Wahrung des Wahlgeheimnisses nicht möglich. Zwar ist es dem Wahlberechtigten überlassen, in seinem Bereich selbst für die Wahrung des Wahlgeheimnisses Sorge zu tragen. Das bedeutet jedoch nicht, dass er von einer unbeobachteten Kennzeichnung des Stimmzettels absehen und auf die Wahrung seines Wahlgeheimnisses verzichten darf. Er ist vielmehr verpflichtet, für eine unbeobachtete Kennzeichnung des Stimmzettels zu sorgen. Dies wird auch nicht durch das Recht des Wählers in Frage gestellt, vor oder nach der Wahl von sich aus Dritten mitzuteilen, wie er abstimmen wird oder abgestimmt hat. Eine solche freiwillige Mitteilung gefährdet – anders als die beobachtete Stimmabgabe – die Wahlfreiheit nicht, da sie nicht geeignet ist, eine Drucksituation bei der Stimmabgabe herbeizuführen.

 

Gemäß SchwbVWO hat der Wahlvorstand zu prüfen, ob die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt ist. Dabei kann er in der Regel davon ausgehen, dass der Wähler seiner Pflicht zur unbeobachteten Stimmabgabe nachgekommen ist.
Hat jedoch der Wahlvorstand von einem Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl Kenntnis, darf er die ungültige Stimme nicht berücksichtigen.

Gemäß SchwbVWO bereitet der Wahlvorstand die Wahl vor und führt sie durch. Dabei hat er auch bei einer schriftlichen Stimmabgabe im Rahmen seiner Möglichkeiten für die Einhaltung des Wahlgeheimnisses zu sorgen. Der Wahlvorstand verstößt gegen diese Pflicht, wenn er Wähler, die unter gegenseitiger Kontrolle abstimmen möchten, nicht auf die Pflicht zur unbeobachteten Stimmabgabe hinweist, sondern ihnen für diese Stimmabgabe in seinem Büro einen Tisch zur Verfügung stellt.

 

BAG, Beschluss vom 21.3.2018, 7 ABR 29/16

Vorstellungsgespräch: Interne bzw. externe Bewerber

Bei Einstellungen im öffentlichen Dienst stellt sich häufig die Frage, ob auch schwerbehinderte interne Bewerber zwingend nach § 165 Satz 3 SGB IX zum Vorstellungsgespräch einzuladen sind, da diese dem Arbeitgeber ja schon bekannt sind.

Das VG Schleswig hat nun geklärt, dass auch interne schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen sind, wenn die Stelle auch extern ausgeschrieben wurde.

Abzustellen ist damit einzig darauf, dass die Stelle externen Bewerbern offen steht, nicht darauf, ob es sich bei dem konkreten Schwerbehinderten um einen internen oder externen Bewerber handelt.

VG Schleswig, Beschluss vom 26.07.2018 – 12 B 49/17