In Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens 5 Schwerbehinderte nicht nur vorübergehend beschäftigt werden, ist gem. SGB IX, § 177 Abs. 1 neben der Schwerbehindertenvertretung wenigstens 1 Stellvertreter zu wählen (Wahl der Schwerbehindertenvertretung, Wahlordnung).
Der Stellvertreter vertritt die Vertrauensperson (VP) im Falle der Verhinderung (§ 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Die VP ist auch dann verhindert, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die die eigene Person betreffen.
Verhinderung ist auch gegeben, wenn die VP zwar im Betrieb oder in der Dienststelle anwesend, aber für eine bestimmte Tätigkeit nicht erreichbar ist, z. B. weil sie eine andere Angelegenheit aus dem Aufgabenkatalog des § 178 SGB IX wahrnimmt.
Verhindert ist die VP auch dann wenn diese krank oder Urlaub hat. Ausnahme wäre, dass die VP sich explizit, trotz Urlaub, als nicht verhindert erklärt.
Dies hat die Rechtsprechung so zugelassen:
– LAG Berlin: Beschluss vom 01.03.2005 – 7 TaBV 2220/04
– BAG vom 08.09.2011, 2 AZR 388/10
Im Falle der Verhinderung der Schwerbehindertenvertretung vertritt der Stellvertreter sie in allen Angelegenheiten, in denen sie tätig sein würde. Während der Vertretung hat der Stellvertreter die selben Aufgaben und Rechte wie die VP selbst.
Erlischt das Amt der Schwerbehindertenvertretung vorzeitig, z. B. durch Rücktritt oder Ausscheiden aus dem Betrieb, so rückt der Stellvertreter automatisch für den Rest der Amtszeit nach; der zweite Stellvertreter wird dann zum ersten Stellvertreter (SGB IX § 177 Abs. 7).
Die Vertrauenspersonen ist nicht frei in der Auswahl des stellvertretenden Mitglieds, welches sie zu bestimmten Aufgaben heranziehen will. Vielmehr schreibt das Gesetz ausdrücklich vor, dass sich die Heranziehung nach der Stimmenzahl bei der Wahl in die Schwerbehindertenvertretung zu richten hat.
Scheidet der einzige Stellvertreter vorzeitig aus, werden für den Rest der Amtszeit neue Stellvertreter nach gewählt.
Solange der Stellvertreter die Vertrauensperson vertritt, hat er/sie die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson selbst SGB IX § 179 Abs. 3.
Insbesondere genießt er während dieses Zeitraumes den gleichen Kündigungs- und Versetzungsschutz (vgl. § 15 KSchG). Außerhalb der Zeiten der Vertretung hat der Stellvertreter die gleiche Rechtsstellung wie ein Ersatzmitglied des Betriebs- bzw. Personalrates. Es kommt daher auch ein „nachwirkender Kündigungsschutz“ in Betracht (vgl. § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG).
SGB IX § 178 Abs. 1
In Betrieben und Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 schwerbehinderten Menschen kann sie (die VP) nach Unterrichtung des Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen.
Ab jeweils 100 weiteren beschäftigten schwerbehinderten Menschen kann jeweils auch das mit der nächsthöheren Stimmenzahl gewählte Mitglied herangezogen werden
Diese Aufgabenübertragung ist unabhängig von der Vertretung im Verhinderungsfall und geht inhaltlich weit darüber hinaus. So kann die Schwerbehindertenvertretung z. B. den ersten Stellvertreter in die laufende Betreuungsarbeit mit einbeziehen und ihm die Betreuung der Behinderten aus einem bestimmten Betriebsteil oder aus einer Abteilung übertragen. Wird der Stellvertreter zu bestimmten Aufgaben gem. SGB IX, § 178 herangezogen, genießt er die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Schwerbehindertenvertretung selbst.
Ein eigenständiger Schulungsanspruch besteht seit dem 01.01.2017 für die Stellvertretung mit der höchsten Stimmenzahl soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind.
Auch in den Fällen des § 178 Absatz 1 Satz 5 ( mehr als 100) kann das mit der nächsthöheren Stimmenzahl gewählte weitere stellvertretende Mitglied an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind, teilnehmen.