Ein Schwerbehinderter hat sich über alle Gesetze zu informieren, die seinen Kündigungsschutz regeln
Das LAG Köln hat entschieden, dass sich ein Schwerbehinderter nicht darauf verlassen darf, dass sein Kündigungsschutz ausschließlich im SGB IX geregelt ist. Es ist vielmehr seine Sache, sich über alle auf ihn anwendbaren Gesetze zu informieren. Das Gericht hat außerdem entschieden, dass der in einem Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes enthaltene Hinweis auf die Pflicht des Gekündigten zur unverzüglichen Arbeitlosmeldung (§ 37b SGB III) zum Aufgabenkreis des Amtes gehört.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde der schwer behinderten Klägerin am 22.07.2004 gekündigt. Dagegen erhob sie verspätet beim Arbeitsgericht Klage. Bereits am 19.07.2004 hatte das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung erteilt und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die inhaltliche Prüfung der zwischen den Parteien streitigen Kündigungsgründe letztlich den Arbeitsgerichten obliege. Die Entscheidung des Integrationsamtes war mit einer Rechtbehelfsbelehrung versehen. Vor der Belehrung war ein Hinweis entsprechend § 37b SGB III eingefügt. Bei Einleitung des Zustimmungsverfahrens war der Klägerin ein zweiseitiges Merkblatt mit der Überschrift „Wichtige Hinweise“ zugeleitet worden. Hierbei waren die § 168 ff SGB IX in der vor dem 23.04.2004 gültigen Fassung abgedruckt. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Das LAG stellte dazu klar, dass der Klägerin die Unkenntnis über die gesetzliche Regelung der Klagefrist nach § 5 KSchG zuzurechnen sei. Der Bescheid des Integrationsamtes vom 19.07.2004 habe nicht den Anschein einer vollständigen Rechtsmittelbelehrung auf allen Rechtsgebieten erweckt. Die Klägerin habe sich deshalb nicht darauf verlassen dürfen, dass der Widerspruch gegen den Zustimmungsbescheid ihre Rechte im arbeitsgerichtlichen Verfahren wahren würde. Denn ohne Schwierigkeiten sei dem Bescheid zu entnehmen, dass die letzte inhaltliche Klärung der Kündigungsgründe nur vor dem Arbeitsgericht erfolgt. Weiterhin gehöre der im Zustimmungsbescheid enthaltene Hinweis auf die Agentur für Arbeit noch zum Aufgabenkreis des Integrationsamtes. Soweit es damit um die Hilfestellung bei der Erlangung von Arbeitslosengeld ging, habe das Integrationsamt im Rahmen der vorgegebenen Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit gehandelt. Auch aus dem Merkblatt „Wichtige Hinweise“ ergebe sich nicht, dass die Klägerin zu Recht auf eine vollständige und abschließende Rechtsmittelbelehrung auch hinsichtlich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vertrauen durfte. Denn dieses Merkblatt weise bereits in der Überschrift darauf hin, dass es nur für das Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung eines schwer behinderten Menschen gilt. Es informiere damit nur über den Verfahrensgang bis zur Entscheidung des Integrationsamtes. Die Klägerin habe demnach nicht darauf vertrauen können, dass der Kündigungsschutz eines schwer behinderten Menschen ausschließlich im SGB IX geregelt ist.
Beschluss des LAG Köln vom 14.03.2005
Az.: 2 Ta 9/05
Quelle: LAG Köln