Thesen der Autoren:
- Der Anspruch auf eine behinderungsgerechte Beschäftigung nach § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX umfasst nicht nur die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit, sondern kann auch Förderung und Übertragung höher eingruppierter Arbeiten umfassen.
- Schwerbehinderte Menschen können ihren Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung arbeitsgerichtlich mit einer Beschäftigungsklage durchsetzen. Dabei trifft sie eine primäre Darlegungs- und Beweislast. In jedem Fall muss der Arbeitgeber auf den Vortrag des schwerbehinderten Menschen substantiiert erwidern. Kommt der Arbeitgeber seinen Pflichten gemäß § 167 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB IX nicht nach, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast, so dass er den Prozess verliert, wenn er sämtliche erkennbare Beschäftigungsmöglichkeiten nicht vollumfänglich widerlegt hat.
Wesentliche Aussagen des Urteils:
- Das Wissen, wie ein behinderungsgerechter Arbeitsplatz in seinem Betrieb einzurichten und auszustatten ist, kann einem Arbeitnehmer nicht unterstellt werden. Der Arbeitgeber kann dieses Wissen durch das Präventionsverfahren nach § 167 SGB IX erhalten.
- In einem Präventionsverfahren kann geklärt werden, welche Umorganisation des Arbeitsplatzes möglich und geboten ist, welche Hilfsmittel dazu eingesetzt werden können, ob Fortbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen und welche Hilfen von Rehabilitationsträgern und vom Integrationsamt in Anspruch genommen werden können.
Wenn der Arbeitgeber dies unterlässt, sind prozessrechtliche Nachteile zu seinen Lasten angemessen.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.10.2016 – 15 Sa 936/16