Sozialauswahl

Sozialauswahl – (Keine) Ausweitung auf vergleichbare Arbeitsplätze trotz Schwerbehinderung

Scheiden sämtliche Mitarbeiter einer Abteilung aus, kommt eine auf diesen Arbeitsbereich bezogene Sozialauswahl nicht in Betracht. Für die Frage der Vergleichbarkeit der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitsplätze kommt es auf die jeweilige Ausgestaltung des Arbeitsvertrages an.

An der Beschränkung der Sozialauswahl auf arbeitsvertraglich vergleichbare Positionen vermag auch eine Schwerbehinderung nichts ändern. Da ein schwerbehinderter Arbeitnehmer nicht beanspruchen kann, dass für ihn ein Arbeitsplatz „freigekündigt“ wird, welcher mit einem sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmer besetzt ist, kann aus dem Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung nach § 164 Abs. 4 SGB IX auch keine Ausweitung der Sozialauswahl in Bezug auf nicht vergleichbare Arbeitsplätze begründet werden.

Es stellt keine der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugängliche „freie Unternehmerentscheidung“ dar, einen dauerhaften Arbeitskräftebedarf mit dem Einsatz von Leiharbeitnehmern abzudecken (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

Die auf den „ultima-ratio-Grundsatz“ gestützte Verpflichtung des Arbeitgebers, zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung einen bislang durch einen Leiharbeitnehmer besetzten Arbeitsplatz anzubieten, beschränkt sich – wie bei sonstigen freien Arbeitsplätzen – grundsätzlich auf solche Tätigkeiten, welche im Vergleich zur bisherigen vertragsgemäßen Beschäftigung als gleich- oder geringerwertig anzusehen sind. Demgegenüber kommt auf der Grundlage des § 164 Abs. 4 SGB IX  im Verhältnis zu einem schwerbehinderten Arbeitnehmer auch die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit in Betracht, welche der Arbeitnehmer zu einem früheren Zeitpunkt bereits ausgeübt und aus betriebsbedingten Gründen verloren hatte.

Letzteres gilt jedoch nicht, wenn der kündigungsbedrohte schwerbehinderte Arbeitnehmer zur Übernahme der bislang von einem Leiharbeitnehmer erledigten Tätigkeit einer mehr als kurzen Anlernzeit bedarf, weil sich die Arbeitsplatzanforderungen seit seinem früheren Einsatz wesentlich geändert haben. Insofern wird die Verpflichtung zur behinderungsgerechten Beschäftigung und Förderung durch den Grundsatz der Zumutbarkeit begrenzt (§ 164 Abs. 4 Satz 3 SGB IX).

LAG Hamm, Urteil vom 23.03.2009, Az. 8 Sa 313/08

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