Frage nach der Schwerbehinderung beim Einstellungsgespräch zulässig?

von: RAin Christiane Ordemann, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Ass. Eike Brodt, Mag.Iur., Bremen

Die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung eines Bewerbers wurde in der ständigen Rechtsprechung des BAG bislang als zulässig angesehen.

Nach Erlass der Richtlinie 2000/78/EG, die die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen einer Behinderung untersagt und der daraufhin erfolgten Einführung des § 164 Abs.2 SGB IX, wird dieses Fragerecht des Arbeitgebers überwiegend abgelehnt (Zur Problematik des Fragerechts vgl. u.a. BAG, EzA, § 123, 41; bejahend Schaub, NZA 2003, S.299 (301); ablehnend Messingschlager, NZA 2003, S.301ff.; Joussen, NJW 2003, 2857ff.; differenzierend dagegen Brors, Der Betrieb 2003, S.1734).

Relevant ist dies bei wahrheitswidriger Verneinung. Folgt man der bisherigen Rechtsprechung, ist dem Arbeitgeber grundsätzlich die Anfechtung des Arbeitsvertrages möglich.

Ausgangssituation

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer zur wahrheitsgemäßen Beantwortung von Fragen verpflichtet, für die ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis besteht. Insoweit darf der Arbeitgeber den Bewerber grundsätzlich nach solchen Behinderungen fragen, die die konkret auszuübende Tätigkeit beeinträchtigen. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers.

Das BAG begründete ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vor allem mit der rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite und den betrieblichen Auswirkungen, die durch die Beschäftigung Schwerbehinderter für den Arbeitgeber entstehen (Anpassung des Arbeitsplatzes, Kündigungsfristen, Urlaub, etc.).

Auf den ersten Blick vergleichbar erscheint die Frage nach der Schwangerschaft einer Bewerberin. Hier hat das BAG in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH entschieden, dass diese Frage unzulässig sei. Es bestehe kein berechtigtes Interesse, da die Schwangerschaft nur vorübergehende finanzielle Belastungen für den Arbeitgeber bringe und in § 611a BGB ein ausdrückliches Benachteiligungsverbot normiert sei.

Neue Rechtslage

Durch die Einführung des § 164 Abs.2 SGB IX in ausdrücklicher Anlehnung an § 611a BGB hat der Gesetzgeber ein Benachteiligungsverbot auch für Schwerbehinderte normiert. Damit ist ein wichtiges Argument des BAG für die Zulässigkeit der Frage nach der Schwerbehinderung weggefallen.