Mobbing – das unterschätzte Phänomen

Nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts ist Mobbing das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Diese Handlungenhaben oftmals negative Auswirkungen auf das Arbeits- und Leistungsverhalten der Betroffenen. Es kommt häufig zu ernsthaften Erkrankungen, im schlimmsten Fall ist der einzige Ausweg die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Ob und wann Mobbing definitiv vorliegt hängt von der Einschätzung des Einzelfalls ab. Es müssen Handlungen vorliegen, die über das im gesellschaftlichen Umgang allgemein Übliche hinausgehe und es muss systematisches Handeln mit der Zielrichtung, die Rechte des Betroffenen zu beeinträchtigen, vorliegen.

„Der Mobbing-Report – Eine Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland“ gibt an, dass aktuell 2,7% also über 800.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Mobbing betroffen sind. Hochgerechnet auf die Dauer eines Erwerbslebens wird etwa jede 9. Person im erwerbsfähigen Alter mindestens einmal im Verlauf des Arbeitslebens gemobbt.

Beschäftigte in sozialen Berufen wie auch Verkaufspersonal tragen der Studie zufolge ein sehr hohes Mobbingrisiko. Mobber sind in mehr als der Hälfte der Fälle direkte Vorgesetzte, Mobbing – Opfer sind vorwiegend Frauen.

Angesichts dieser Zahlen und der oft weit reichenden Folgen für die Betroffenen – bis hin zum Selbstmord wie bei einer Münchner Polizeibeamtin, müssen Betroffene, BR / PR / SBV, wie auch Arbeitgeber offensiv an das Problem herangehen.

Der Arbeitgeber hat aufgrund seiner Fürsorgepflicht Maßnahmen zu unterlassen, die geeignet sind, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu beeinträchtigen und ihm bekannt gewordene Mobbingfälle zu unterbinden.

Mobbingopfer müssen sich wehren! Oftmals kann ein klärendes Gespräch zwischen dem Betroffenen und dem Mobber schon helfen. Bisweilen ist sich der Täter seiner Wirkung gar nicht bewusst. Den Betroffenen steht ein Beschwerderecht zu, sie haben gegen den mobbenden Kollegen oder Vorgesetzten Anspruch auf Unterlassung der Schikanen, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche können geltend gemacht werden. Problematisch kann natürlich in diesen Fällen die Beweisbarkeit der Verletzungshandlung sein. Die Beweislast trägt nämlich das Opfer.

In Betrieben mit Arbeitnehmervertretung ist der Betriebs- oder Personalrat gefragt. Betriebsräte haben darauf zu achten, dass die Rechte der Beschäftigten im Betrieb beachtet werden, insbesondere dass alle im Betrieb beschäftigten Personen nach Recht und Billigkeit behandelt werden (§ 75 BetrVG). Der Arbeitgeber ist gezielt auf Mobbingfälle hinzuweisen, die Unterbindung des Mobbings muss gefordert und notfalls gerichtlich erwirkt werden. Es empfiehlt sich auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung, nebst Einrichtung einer innerbetrieblichen Beschwerdestelle.

Das Thema eignet sich auch gut für eine Betriebsversammlung, wenn vermehrt Fälle im Betrieb bekannt werden.

Übrigens: Mobbing ist als Körperverletzung, Verleumdung oder Beleidigung bereits durch die allgemeinen Straftatbestände sanktioniert. In den letzten Jahren hat sich die Rechtsprechung vermehrt mit dem Problem beschäftigt.

Aus der Rechtsprechung:

Mobbt ein Mitarbeiter andere Arbeitnehmer so kann diesem sogar die fristlose Kündigung ohne Abmahnung drohen, je nach Schwere der Verletzungshandlungen. Der Mobber beeinträchtigt den Betriebsablauf, verursacht bei Erkrankung des Opfers auch messbaren finanziellen Schaden und muss bei einem solchen Verhalten mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen
(LAG Thüringen Urteil vom 15.02.02 – 5 Sa 102/00).

Mobbingopfer haben grundsätzlich Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn andere Wiedergutmachungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Bei der Bemessung ist Art und Schwere der Mobbinghandlung Grundlage für die Bemessung nicht jedoch die Höhe des monatlichen Einkommens
(LAG Rheinland-Pfalz vom 16.08.2001 – 6 Sa 415/01).

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen. In einer nicht arbeitsvertragsgemäßen Beschäftigung – hier Zuweisung von Sachbearbeitertätigkeiten bei einem leitenden Angestellten – kann eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen. Gegen eine solche Versetzung kann sich der Arbeitnehmer im Wege der einstweiligen Verfügung wehren.
(LAG Thüringen vom 10.04.2001 – 5 Sa 403/00).

Für Schwangere gilt ein Beschäftigungsverbot bei nachgewiesenem Mobbing, wobei der Nachweis von der Klägerin zu erbringen ist.
(BAG vom 21.03.01 – 5 AZR 325/99)

Internet-Tipps:
eine gute private Seite (mobbing-web)
noch eine Seite zum Thema (mobbingwerkstatt)
mobbing-help (Forum für Mobbing-Opfer)