Anfechtung der Wahl wegen Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot

  1. Bei schriftlicher Stimmabgabe öffnet der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung unmittelbar vor Abschluss der Wahl nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen.
    Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 11 SchwbVWO), legt der Wahlvorstand die Wahlumschläge nach Vermerk der Stimmabgabe in die Liste der Wahlberechtigten ungeöffnet in die Wahlurne.
  2. Die Öffentlichkeit der Wahl ist Grundvoraussetzung für eine demokratische Willensbildung. Sie sichert die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für begründetes Vertrauen der Wähler in den korrekten Ablauf der Wahl. Interessierte Personen sollen die Möglichkeit erhalten, die Ordnungsmäßigkeit der Feststellung des Wahlergebnisses beobachten zu können, damit der Verdacht von Wahlmanipulationen „hinter verschlossenen Türen“ nicht aufkommen kann. Öffentlichkeit iSd. § 12 Abs. 1 SchwbVWO ist die Betriebsöffentlichkeit.
  3. Vom Öffentlichkeitsgebot umfasst sind das Wahlvorschlagsverfahren, die Wahlhandlung – in Bezug auf die Stimmabgabe durchbrochen durch das Wahlgeheimnis – und die Ermittlung des Wahlergebnisses.
    Bei der schriftlichen Stimmabgabe ist die Kontrollmöglichkeit der Vorgänge nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO von besonderer Bedeutung, weil der Wähler nicht unmittelbar beobachten kann, ob mit der von ihm abgegebenen Stimme korrekt verfahren wird.
    Daher müssen Ort und Zeit der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO öffentlicher Kontrolle unterliegenden Vorgänge rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden.
    Der Hinweis muss nicht notwendig bereits im Wahlausschreiben enthalten sein.

BAG, Beschluss v. 10.07.2013 – 7 ABR 83/11 –