Bevorzugte Einstellung – ein Verstoß gegen das AGG?

Frage:

In internen und externen Stellenbeschreibungen wurde bisher der Vermerk angebracht: „Schwerbehinderte und Gleichgestellte werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt“.
Dies will nun unser Arbeitgeber entfernen lassen, mit der Begründung, das würde gegen das Gleichbehandlungsprinzip (AGG) verstoßen.

Antwort:

durch die Vertretung der Beauftragten (Karin Evers-Meyer) der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen vom 8.März 2007 – AZ 78/02 – Anfrage vom 28.02.07.

Es besteht prinzipiell keine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, einen entsprechenden Passus in Stellenausschreibungen einzufügen.

Allerdings trifft auch die Aussage – der Passus verstoße gegen das AGG – nicht zu.

Die grundsätzliche Anforderung, die das AGG an Stellenausschreibungen stellt, findet sich in § 11 AGG. Danach ist jede Stellenausschreibung – unabhängig davon, ob die Stelle öffentlich oder intern ausgeschrieben wird – diskriminierungsfrei zu gestalten. Ziel dieser Vorschrift ist es, Stellenausschreibungen zu verbieten, die ohne zwingenden sachlichen Grund bestimmte Bewerbergruppen von vornherein ausschließen und dadurch eine Diskriminierung beim Zugang zu Arbeit zu unterbinden.

Für einen Vermerk, dass schwerbehinderte Menschen bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden, trifft das nicht zu.

Möglicherweise meint Ihr Arbeitgeber die Diskussion, die um das Wort „bevorzugt“ innerhalb der Textpassage, stattgefunden hat.

Hintergrund:

Aufgrund des § 8 Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) wird teilweise die Auffassung vertreten, dass die Formulierung „Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt; von ihnen wird nur ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt.“ in Stellenausschreibungen nicht mehr verwendet werden darf. Diese Auslegung des § 8 BGleiG wird von der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen nicht geteilt.

Der Wille des Gesetzgebers geht also dahin, dass die Vorrangregelung für Frauen dann nicht greift, wenn ein gleich qualifizierter behinderter Bewerber vorhanden ist. Dies wird auch im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) 2. Teil deutlich, in dem eine Vielzahl von Bestimmungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben für behinderte Menschen enthalten sind. Damit soll für behinderte Menschen eine breite Unterstützung gewährt werden.

Die bisherige Formulierung in Stellenausschreibungen darf daher nach Auffassung der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung weiterhin benutzt werden. Eine Verpflichtung, die genannte Formulierung in eine Stellenausschreiben aufzunehmen besteht allerdings nicht.

Inzwischen ist folgender Zusatz bei Stellenausschreibungen gebräuchlich:

„Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher Eignung besonders berücksichtigt.“

Jana Cahnbley

Mitarbeiterin im Arbeitsstab

der Beauftragten der Bundesregierung

für die Belange behinderter Menschen