Freistellung der SBV

(Teil) Freistellung der SBV

„In Betrieben/Dienststellen mit wenigstens 100 (seit 01.01.2017) schwer behinderten Menschen wird die Vertrauensperson gem. § 179 Abs. 4 Satz 2 SGB IX auf ihren Wunsch hin gänzlich von der Arbeitsleistung freigestellt.

Möglich ist eine Teilfreistellung der Vertrauensperson. Dieser Teilfreistellungsanspruch ergibt sich aus der pauschalen Bezugnahme in § 179 Abs. 3 SGB IX auf die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes. Denn dort ist seit dem 24. 07. 2001 ein Recht auf Teilfreistellung in § 38 Abs. 1 Satz 2 BetrVG normiert (vgl. Düwell, BB 2001, 2581).“

Hier ist nun die Frage zu stellen, wie kann ich weitergehende Freistellungsregelungen schaffen?

Macht unbedingt eine genaue Aufstellung der Zeiten (ohne Namensnennung), welche für die Wahrnehmung der Mandatsaufgaben benötigt wurden. Am besten über einen Zeitraum von mind. 2 -3 Monaten. Also eine Art persönliches Tagebuch.
Dazu gehört auch das Lesen von Gesetzen, Fachliteratur wie z.B. ZB, Kommentaren, Rechtsprechung/Urteile und das Fragen hier im Forum etc.
Diese Aufgaben sind in der Amtsausübung unverzichtbar und daher bei den notwendigen Zeitansätzen zu berücksichtigen und zu gewähren.

Hier ein Muster zur Vollfreistellung und zur Teilfreistellung.
Hier eine Tabelle/Aufstellung um die Zeiten zu erfassen.

Die Aufzählung der Standardaufgaben und vor allem der Aufgabenmehrungen aus den letzten Jahren kann bei der Begründung (auch bei Reduzierung oder Deckelungsversuchen) sehr hilfreich sein.

Hilfreich ist auch eine Überschlagsrechnung, wie sie in größeren Betrieben praktiziert wird:

  • Eine Grundzeit von ca. 8 Std/Woche
  • Zahl der Schwb 16 Min/Woche (für Betreuung/Beratung und Unterstützung der Schwerbehinderten/Gleichgestellten.
  • Bei mehreren Betriebsteilen einen Zuschlag für Fahrzeiten auf Grund der Kontaktaufnahme vor Ort, gestaffelt nach Entfernung/km.

Beispiel:

von km bis km Zeit in Min/Woche
1 50 12
51 100 24
101 200 36
201 300 48
301 mehr 60
  • Zu den hier aufgeführten Grundwerten sind dann noch Zeitzuschläge zu errechnen welche zur Teilnahme an Sitzungen des BR oder PR, der Ausschüsse und gemeinsamen Sitzungen/Besprechungen mit dem AG.
  • Sofern die SBV noch Aufgaben des AG/ Beauftragten des AG für die Belange der Schwerbehinderten wahrnimmt, z.B. Stellung von Anträgen auf Mittel der Ausgleichabgabe, auf Mehrfachanrechnung usw. können noch weitere Zeitzuschläge erfolgen.
  • Zeiten für Teilnahme an Tagungen/Schulungen und Gesprächskreisen (z.B. Gesprächkreise mit dem Integrationsamt).

In Teilen des öffentlichen Dienstes wird folgend verfahren:

Grundfreistellung von 10% zuzüglich einer Freistellung von 0,5% pro sbM. Zuzüglich Anpassungen an besondere Verhältnisse (unterschiedliche Dienstorte).

Fertigt eine entsprechende Tabelle/Aufstellung und geht hiermit in Verhandlung mit dem AG. Zeigt in diesen Verhandlungen dem AG die auch für Ihn in einer Regelung liegenden Vorteile.

Dieses sind: Planungssicherheit für den AG über die Zeiten welche ihr für die „normale“ Beruftätigkeit zur Verfügung steht. Weiter ergibt sich aus der Tatsache, dass ihr Aufgaben des AG mit übernehmt, da ihr die Fachleute in Sachen SGB IX im Betrieb seit, eine Entlastung für den AG.

Weiter solltet ihr dem AG ggf. verdeutlichen, dass auf Grund der Tatsache, dass Mandatsaufgaben Vorrang vor der „normalen“ beruflichen Tätigkeit haben, sich ohne eine entsprechende Regelung, der gleiche Sachverhalt hinsichtlich der Verfügbarkeit für die „normale“ beruflich Tätigkeit ergibt, nur eben nicht planungssicher.

Aus einer solchen Regelung könnte sich durchaus schon eine 50% Freistellung bei einer Beschäftigungszahl von ca. 25 – 40 Schwerbehinderten ergeben.

Viel Erfolg!

Wäre schön, wenn ihr über Erfahrungen damit im Forum berichtet!

Bekomme ich mein Gehalt und alle Zuschläge weiterhin?

Abmeldung vom Arbeitsplatz – aber wie?

Rechtliches:

…Der Grundsatz der Ehrenamtlichkeit schließt auch die Weisungsfreiheit der Schwerbehindertenvertretung ein. Sie unterliegt keinen Weisungen des Arbeitgebers. Auch Betriebs- oder Personalrat bzw. sonstige Interessenvertretungen können keine Weisungen erteilen.

Alle diese Stellen und Personen können allenfalls Anregungen gegenüber der Schwerbehindertenvertretung äußern. Schließlich unterliegen die Vertrauenspersonen auch keiner Kontrolle oder Rechenschaft hinsichtlich ihrer Arbeit. Lediglich über Ausgaben, Zeitaufwand und Freistellung sowie Kosten müssen ggf. Nachweise in allgemeiner Form erbracht oder glaubhaft gemacht werden (Neumann/Pahlen Rdnr. 3 zu § 26 SchwbG unter Hinweis auf BAG AP Nr. 36 zu § 37 BetrVG 1972).

….Die Vertrauensperson bedarf aber keinesfalls der Zustimmung des Arbeitgebers bzw. Dienststellenleiters, wenn sie im Einzelfall im Rahmen ihres Amtes tätig werden will.

Erforderlich ist allerdings eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Abmeldung beim unmittelbaren Vorgesetzten, ohne dass der Arbeitgeber Anspruch darauf hätte, Einzelheiten der beabsichtigten Amtswahrnehmung zu erfahren, etwa welche Menschen die VP an ihren Arbeitsplätzen aufsuchen will (BAGE 43, 109 = DB 1983, 2419 = AiB 1983, 190 = BetrR 1983, 755 = AP Nr. 45 zu § 37 BetrVG 1972 zur Rechtsstellung von Betriebsratsmitgliedern

Die Freistellung ist keine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers, wie dies der Wortlaut nahe legt. Es gelten dieselben Grundsätze wie bei § 37 Abs 2 BetrVG: Nach der Rspr des BAG entfällt die Verpflichtung zur Arbeit bei Vorliegen der Freistellungsvoraussetzungen, ohne dass es einer Erklärung des Arbeitgebers bedarf (BAG 6. 8. 1981, 6 AZR 505/78, AP Nr 39 zu § 37 BetrVG 1972).

Die Vertrauensperson hat sich jedoch rechtzeitig beim Arbeitgeber unter Nennung des Grundes abzumelden (BAG 15. 7. 1992, 7 AZR 466/91, DB 1993, 438; BAG 15. 3. 1995, 7 AZR 643/94, DB 1995, 1514).

Zur Sicherung der unabhängigen Amtsführung der Schwerbehindertenvertretung spricht das Gesetz ein Verbot der Behinderung, der Benachteiligung, aber auch der Begünstigung der Vertrauenspersonen aus, das sich auch auf deren berufliche Entwicklung bezieht. Diese Bestimmung entspricht § 78 BetrVG  und für den öff. Dienst  § 8 BPersVG.

…Behinderung (der Amtstätigkeit) ist jeder unzulässige Eingriff in die Amtsführung der Schwerbehindertenvertretung, der sie an der ordnungsgemäßen Ausübung ihrer Amtsgeschäfte hindert oder zumindest ihre Arbeit erschwert…

Bei Behinderung der Arbeit der SBV oder deren Stellvertreter kann gegen den AG im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens für jeden weiteren Verstoß ein Ordnungsgeld beantragt werden.

Wichtig ist aber die richtige und vollständige Begründung, incl. der erfolgten Behinderungen und deren Folgen. (Urteile dazu)

(Quelle: u.a.Knittel-Kommentar)

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