BEM auch bei privaten Ursachen der Krankheit?

Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 SGB IX ist nicht deshalb entbehrlich, weil arbeitsmedizinische Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass die gehäuften krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen können oder dass gegen die Beschäftigung des Arbeitnehmers keine gesundheitlichen Bedenken bestehen.

Beruhen die Fehlzeiten eines Arbeitnehmers auf einer überdurchschnittlichen Krankheitsanfälligkeit, so kann Gegenstand eines BEM auch die Erarbeitung eines umfassenden Konzeptes zur Änderung der generellen (d. h. auch privaten) Lebensweise sein, damit der Arbeitnehmer auf diese Weise seine gesundheitliche Verfassung gerade bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten verbessert und damit seine Krankheitsanfälligkeit mindert.

Auch wenn die Umsetzung des im Rahmen des BEM erarbeiteten Konzeptes nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer obliegt, ist die Erarbeitung eines derartigen Konzeptes noch Bestandteil eines BEM.

Hess. LAG, Urteil vom 03.06.2013, 21 Sa 1456/12


Revision beim BAG:

Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung eines gesetzlich gebotenen betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) zu ergreifen. Dazu gehört, dass er den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweist.

Hat der Arbeitgeber die gebotene Initiative nicht ergriffen, muss er zur Darlegung der Verhältnismäßigkeit einer auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten Kündigung nicht nur die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG aufzeigen. Er muss vielmehr auch dartun, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können.

BAG, Urteil vom 20. 11. 2014 – 2 AZR 755/13 (rechtskräftig)