Gleichzeitige Beteiligung von 2 SBV´n

Sind gleichzeitig zwei SBV´n zu beteiligen, richtet sich der Umfang der Unterrichtung, ebenso wie bei der notwendigen Beteiligung zweier Betriebsräte, nach der Reichweite und Zielrichtung der Beteiligungsrechte der jeweils zu beteiligenden Schwerbehindertenvertretungen.

Dies kann immer dann der Fall sein, wenn innerhalb eines Unternehmens jemand von Betrieb zu Betrieb versetzt werden soll.

Bay. VGH Beschluss vom 23.02.2018, 6 CS 17.2556

Fehlende Bestellung eines Schwerbehindertenbeauftragten ist Indiz für eine Diskriminierung

Stellenanzeige – Altersdiskriminierung – Diskriminierung wegen einer Behinderung – Fehlender Inklusionsbeauftragter

  1. Die in der Stellenanzeige enthaltene Suche nach einer „Verstärkung unseres jungen Teams“ mit einer Person, welche gerade das Studium erfolgreich abgeschlossen hat und nach einem Einstieg sucht, indiziert eine unmittelbare Altersdiskriminierung.(Rn.65) (Rn.68)
  2. Dasselbe gilt für die Suche nach einer „Verstärkung unseres jungen Teams“ mit einem „frisch gebackenen Juristen“ .(Rn.71)
  3. Der in einem Lebenslauf an dessen Ende unter der Überschrift „Besondere persönliche Merkmale“ allein enthaltene Vermerk „zu 80 % schwerbehindert“ ist ein ausreichender Hinweis auf eine bestehende Schwerbehinderung. (Rn.85)
  4. Die Verletzung der Förderpflicht nach § 164 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX(Rn.89), die fehlende Bestellung eines Schwerbehindertenbeauftragten nach § 181 SGB IX(Rn.90) sowie die Nichterfüllung der Mindestbeschäftigungsquote nach § 154 Abs. 1 SGB IX indizieren eine Diskriminierung  wegen Behinderung.(Rn.91)
  5. Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs bei der Geltendmachung einer Entschädigung nach § 15 AGG (hier: verneint).(Rn.94)

LAG Hamm, Urteil vom 13.06.2017, Az: 14 Sa 1427/16

Frage nach Schwerbehinderung bei der Einstellung?

Was ist nun erlaubt?

Die tätigkeitsneutrale Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft ist laut BAG und nach einhelliger Meinung in neuerer Standardliteratur schon seit vielen Jahren grundsätzlich unzulässig.
Dies gilt beim Einstellungs – bzw. Vorstellungsgespräch. Ebenso wenn bei einem Personalfragebogen danach gefragt wird, z.B. per Ankreuztext (ja/nein).

Rechtsprechung dazu:

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet bzw. somit nicht berechtigt, sich tätigkeitsneutral nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen.
Gerade durch solche Nachfragen kann der Arbeitgeber Indiztatsachen schaffen, die ihn bei einer Entscheidung gegen den schwerbehinderten Bewerber in die Darlegungslast nach § 22 AGG bringen können.
(BAG, 13.10.2011, 8 AZR 608/10 Rn 43)

Es liegt in der Entscheidung des Bewerbers, ob er seine Behinderung oder Schwerbehinderung vom Arbeitgeber bei der Behandlung der konkreten Bewerbung berücksichtigt haben will oder nicht. Eine Pflicht zur Offenbarung der Schwerbehinderung schon bei einer Bewerbung besteht grundsätzlich nicht, ebenso wenig wie ein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers. (BAG 26. Juni 2014 –8 AZR 547/13 – Rn 53)

Von Befürwortern des Fragerechts wird gern dieses Urteil vom BAG angeführt.
Die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung bzw. einem diesbezüglich gestellten Antrag ist im bestehenden Arbeitsverhältnis jedenfalls nach sechs Monaten, dh. ggf. nach Erwerb des Behindertenschutzes gemäß §§ 168 (alt: 85) ff. SGB IX , zulässig.
Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen.
In diesem Zusammenhang fand (Insolvenz – Vorbereitung der notwendigen Kündigungen durch den Insolvenzverwalter) der Rechtsstreit auch statt.
Hat also definitiv nichts mit dem Fragerecht bei der Einstellung zu tun!
(BAG, Urteil vom 16. 2. 2012 – 6 AZR 553/10 – Rn 11ff)

 

Was ist im Arbeitsvertrag erlaubt?

Die in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag enthaltene Erklärung des Arbeitnehmers, nicht den Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes (SGB IX) zu unterliegen, indiziert eine Benachteiligung wegen einer Behinderung..

ArbG Hamburg, Urteil vom 27.06.2017, 20 Ca 22/17

LAG Hamburg, Urteil vom 30.11.2017 Az.: 7 Sa 90/17

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat am 30.11.2017 unter dem Akz 7 Sa 90/17 die Berufung der Beklagten zurück gewiesen und der Anschlussberufung des Klägers stattgegeben, so dass eine Entschädigung in Höhe von 8100€ ausgeurteilt wurde.

Pflichten im Bewerbungsverfahren

Zur Erinnerung:

Pflichten von Arbeitgeber/innen im Bewerbungsverfahren

  • Gemeinsam mit der Interessensvertretung (SBV, BR, PR, MAV) müssen Betriebe bzw. Behörden prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen besetzt werden können.
  • Freie Stellen müssen der Agentur für Arbeit gemeldet werden, damit diese geeignete arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete Menschen mit Schwerbehinderung vorschlagen kann.
  • Sobald die Bewerbung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen vorliegt, muss die Schwerbehindertenvertretung unterrichtet werden.