Einstellungsgespräch / Zulässige Fragen

Infos zum § 164 Abs.1 und § 178 Abs.2 SGB IX

„…. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen hinzuzuziehen (Abs. 1 Satz 6). Sobald der Arbeitgeber erkennen kann, dass es sich bei einem Bewerber um einen schwerbehinderten Menschen handelt, muss die Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden.

Die Schwerbehindertenvertretung sollte hierbei von Anfang an eng mit dem Betriebsrat oder Personalrat zusammenarbeiten.

Bei einer größeren Zahl von Bewerbern auf eine Stelle muss die Schwerbehindertenvertretung bereits bei der Vorauswahl beteiligt und ihr die beabsichtigte Auswahlentscheidung mitgeteilt werden. Dazu ist ihr gem. § 178 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 164 Abs. 1 Satz 6 SGB IX Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und anschließend das Ergebnis der Vorauswahlentscheidung mitzuteilen.

Weiterhin hat der Gesetzgeber der SBV ausdrücklich das Recht eingeräumt, in die Bewerbungsunterlagen auch der nicht behinderten Bewerber Einblick zu nehmen und an den Vorstellungsgesprächen aller Bewerber teilzunehmen (§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX).
Damit soll die Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit haben, durch einen Vergleich* der Qualifikation die benachteilungsfreie Stellenbesetzung zu überprüfen (vgl. Düwell LPK-SGB IX § 81 Rn. 20 oder BAG Urteil vom 15.2.2005, 9 AZR 635/03, Randnummer 43).

Die SBV hat auch ein Teilhaberecht an den „Auswertegesprächen“ des Arbeitgebers!

Die Schwerbehindertenvertretung ist bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen allerdings dann nicht zu beteiligen, wenn der Betroffene diese Beteiligung ausdrücklich ablehnt (§ 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX). Eine solche Ablehnung berührt nicht die Beteiligungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen (BR oder PR), da diese auch die Interessen anderer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer vertreten. Außerdem gilt stets das allgemeine Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX, da hier kein Ablehnungsgrund geregelt ist. Die Anhörungs- und Unterrichtungsrechte der Schwerbehindertenvertretung werden deshalb durch die Ablehnung eines einzelnen schwerbehinderten Bewerbers nicht ausgeschlossen. Er kann lediglich die Erörterung seiner Bewerbung durch diese und deren Teilnahme an seinem eigenen Vorstellungsgespräch ablehnen. Über eine solche behauptete Ablehnung kann die Schwerbehindertenvertretung gegebenenfalls vom Arbeitgeber einen Nachweis verlangen.

* Diesen vergleichenden Rechtsanspruch ist auch in den einschlägigen Kommentaren zum SGB IX zu finden. Es geht ja immer darum, dass Schwerbehinderte/ Gleichgestellte eben wegen dieser Tatsache nicht schlechter behandelt werden als Nichtbehinderte.

Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung am Einstellungsverfahren lässt sich übersichtlich wie folgt zusammenfassen.

  • Unterrichtung über alle eingegangenen Bewerbungen schwerbehinderter und nicht schwerbehinderter Bewerber sowie die Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit (Abs. 1 Satz 4),
  • Unterrichtung über die beabsichtigte Vorauswahl bei größerem Bewerberkreis, Gelegenheit zur Stellungnahme und sodann Mitteilung der getroffenen Vorauswahlentscheidung mit Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu (Abs. 1 Satz 6, § 178 Abs. 2 Satz 1),
  • Einsicht in Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen aller Bewerber (§ 178 Abs. 2 Satz 3),
  • Unterrichtung über eine beabsichtigte Einstellungsentscheidung und Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 178 Abs. 2 Satz 1),
  • besondere Erörterung der beabsichtigten Entscheidung bei Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht unter ablehnender Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung (Abs. 1 Satz 7), gegebenenfalls Teilnahme an Anhörung abgelehnter schwerbehinderter Bewerber gem. Satz 8,
  • Mitteilung der getroffenen Entscheidung und ihrer Begründung gem. Abs. 1 Satz 9.

Wenn der schwerbehinderten Bewerber die Beteiligung ablehnt entfällt die Einsichtnahme in dessen Bewerbungsunterlagen, die Teilnahme an dessen Vorstellungsgespräch sowie ggf. die Erörterung (SGB IX § 164 Abs. 1 Satz 10).
Hierfür ist keine Form vorgeschrieben; die Ablehnung kann schriftlich oder mündlich erklärt werden.
Eine solche Ablehnung berührt aber nicht die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung gem. § 178 Abs. 2 SGB IX, da hier kein Ablehnungsgrund geregelt ist.

Interne Bewerbungsgespräche:

Es ist Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung, darauf zu achten, dass schwerbehinderte Menschen auch nach der Einstellung bei deren weiterer beruflicher Entwicklung nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung besteht daher nicht nur bei externen, sondern auch bei (haus)internen Ausschreibungsverfahren (Schreiben vom BMAS).

(Zulässige) Fragen beim Einstellungsgespräch:

Durch die Umsetzung der Diskriminierungsrichtlinie lauten die Rechtsvorschriften wie folgt: „Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.” Seither wartet die arbeitsrechtlich interessierte Menschheit auf einen geeigneten Fall, mit dem das Bundesarbeitsgericht die Rechtslage klarstellt.

Nach den Tendenzen der Instanzrechtsprechung (LAG Hamm vom 19.10.2006 – 15 Sa 740/06) zeichnet sich ein differenziertes Bild ab: Die Frage nach der Schwerbehinderung selbst ist weiterhin zulässig. Sie stellt keine Diskriminierung dar, löst aber die formalen Konsultationspflichten des SGB IX gegenüber der Schwerbehindertenvertretung aus. Eine Anfechtung des Arbeitgebers bei Falschbeantwortung ist aber nur erfolgreich, wenn seine Frage zulässig war – und zulässig heißt, dass ein Bezug zum Arbeitsplatz bestand. Will der Arbeitgeber sich die Option der Anfechtung erhalten, darf er also nicht allein nach der Schwerbehinderung fragen. Die konkrete Frage muss lauten, ob der Stellenbewerber an gesundheitlichen, seelischen oder ähnlichen Beeinträchtigungen leidet, die seine Eignung zur Verrichtung der beabsichtigten vertraglichen Tätigkeit infrage stellt.