Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen

…gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX

Personenkreis schwerbehinderter Menschen

Menschen sind im Sinne des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

Was versteht man unter Gleichstellung?

Personen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30, können auf Antrag von der Agentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können.
Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 3 i.V.m. § 151 Abs. 2 u. 3 SGB IX

Was bewirkt die Gleichstellung?

Mit einer Gleichstellung erlangt man grundsätzlich den gleichen „Status“ wie schwerbehinderte Menschen.

Auswirkungen:

  • besonderer Kündigungsschutz,
  • besondere Einstellungs-/ Beschäftigungsanreize für Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse sowie Berücksichtigung bei der Beschäftigungspflicht,
  • Hilfen zur Arbeitsplatzausstattung,
  • Betreuung durch spezielle Fachdienste.

jedoch nicht:

  • Zusatzurlaub, unentgeltliche Beförderung und besondere Altersrente.

Wer kann gleichgestellt werden?

Personen:

  • mit einen Grad der Behinderung (GdB / GdS) von 30 oder 40 (nachgewiesen durch einen Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes oder einer Berufsgenossenschaft),
  • mit einem Wohnsitz oder einer Beschäftigung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuch IX (SGB IX),
  • die infolge ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz (im Sinne von § 156 SGB IX) nicht erlangen oder erhalten können.
  • Kraft Gesetz gleichgestellt werden Jugendliche und junge Erwachsene während der Zeit einer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der GdB weniger als 30 beträgt oder ein GdB nicht festgestellt ist (§ 151 Abs. 4 SGB IX). Die Gleichstellung gilt aber nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c. Hinweis: Gleichgestellte mit GdB unter 30 haben kein aktives Wahlrecht nach § 177 Abs. 2 SGB IX.

Allgemeine Voraussetzungen

Eine Gleichstellung kommt nur für das Erlangen oder Erhalten eines geeigneten Arbeitsplatzes im Sinne von § 156 SGB IX in Betracht; also z.B. nicht für Personen, die weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt sind.

Wettbewerbsnachteile auf dem Arbeitsmarkt müssen in jedem Fall auf die Behinderung als wesentliche Ursache zurückzuführen sein. Allein allgemeine betriebliche Veränderungen (Produktionsänderungen, Teilstilllegungen, Betriebseinstellungen, Auftragsmangel, Rationalisierungsmassnahmen, etc.), von denen Nichtbehinderte gleichermaßen betroffen sind, können eine Gleichstellung ebenso wenig begründen, wie fortgeschrittenes Alter, mangelnde Qualifikation oder eine allgemein ungünstige/schwierige Arbeitsmarktsituation.

Anhaltspunkte für eine behinderungsbedingte Gefährdung eines Arbeitsplatzes können u.a. sein:

  • wiederholte/häufige behinderungsbedingte Fehlzeiten,
  • behinderungsbedingt verminderte Arbeitsleistung auch bei behinderungsgerecht ausgestattetem Arbeitsplatz,
  • dauernde verminderte Belastbarkeit,
  • Abmahnungen oder Abfindungsangebote im Zusammenhang mit behinderungsbedingt verminderter Leistungsfähigkeit,
  • auf Dauer notwendige Hilfeleistungen anderer Mitarbeiter,
  • eingeschränkte berufliche und/oder regionale Mobilität aufgrund der Behinderung.

Nur Arbeitslosigkeit rechtfertigt für sich genommen keine Gleichstellung. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Gleichstellung erforderlich ist, um eine berufliche Eingliederung zu erreichen.

Bei Beamten/Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz sind in der Regel hier die Voraussetzungen für eine Gleichstellung nicht erfüllt. Im Einzelfall kann eine Gleichstellung erfolgen, wenn konkrete behinderungsbedingte Gründe vorliegen.

Antragstellung – wie?

Ein Antrag auf Gleichstellung kann formlos (mündlich, telefonisch oder schriftlich) durch den behinderten Menschen oder dessen Bevollmächtigten bei der Agentur für Arbeit gestellt werden.
Um gegenüber dem AG die besonderen Belange (z.B: Beteiligung der SBV) einfordern zu können ist der AG sofort über den GL-Antrag zu informieren. (Urteil dazu)

Kann der AG was dagegen unternehmen?

Nein. Der Arbeitgeber eines Minderbehinderten ist nicht berechtigt, dessen Gleichstellung anzufechten. Denn die die Gleichstellung regelnde Norm des § 2 SGB IX ist nicht dazu bestimmt den Individualinteressen der von einer Gleichstellung mittelbar betroffenen Arbeitgeber zu dienen.
Urteil dazu: BSG – B 11 AL 57/01 R – Urteil vom 19.12.2001

Rechtlicher Hintergrund für eine Gleichstellung