Kein „Entschädigungshopping“

Strenge Voraussetzungen für Entschädigung bei Schwerbehindertenbenachteiligung im Bewerbungsverfahren

Wer beim Einstellungsverfahren einen schwerbehinderten Bewerber benachteiligt, ist gesetzlich verpflichtet, diesem eine Entschädigung zu zahlen. Dies gilt auch dann, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch ohne Benachteiligung die Stelle gar nicht erhalten hätte.

Das Arbeitsgericht Kiel hat die Klage eines schwerbehinderten Bewerbers (einem Rechtsanwalt) auf Entschädigung mit Urteil vom 09.02.2006 (Az.: ö.D. 5 Ca 1995 d/05) trotzdem abgewiesen. Das Gericht stellt klar, dass eine Benachteiligung des Schwerbehinderten nur in Frage kommt, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehinderung kennt. Dies war nach Überzeugung des Gerichts nicht der Fall: Die insgesamt 60 Bewerbungen vom Arbeitgeber sind zunächst gar nicht durchgelesen worden, sondern wurden nur nach Wohnortnähe zum Arbeitsort sortiert. Dabei wurde die Bewerbung des Klägers ohne weiteres wegen dessen weit entfernten Wohnorts aussortiert.

Das Gericht macht deutlich, dass eine Entschädigung auch nur dann fällig ist, wenn sich der Bewerber ernstlich um die ausgeschriebene Stelle bemüht und nicht nur die Entschädigung abkassieren möchte. Genau dieses ernstliche Bemühen vermisst das Gericht beim Kläger: Nachdem der Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers erfahren hatte (nach Besetzung der ursprünglichen Stelle), lud er ihn mehrfach zu einem Vorstellungsgespräch für eine nahezu identische Stelle ein. Der Kläger nahm diese Möglichkeit nicht wahr und tat das Angebot pauschal als nicht ernsthaft ab. Sein Verhalten führt beim Arbeitsgericht zu dem Schluss, dass der Kläger als freier Rechtsanwalt von vornherein kein wirkliches Interesse an der Stelle gehabt habe.

Gegen das Urteil ist mittlerweile Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein unter dem Aktenzeichen 5 Sa 152/06 eingelegt worden.

Pressemitteilung Nr. 7/2006 vom LAG Schleswig-Holstein