Übergangsmandat – Privatwirtschaft: Nun auch gesetzlich geregelt im § 177 Abs. 8 SGB IX
§ 21a BetrVG regelt bei Änderungen in der Unternehmensstruktur für den BR ein Übergangsmandat:
- wenn die Organisationsänderung zum Wegfall des bisherigen BR führt oder
- ein Teil der Arbeitnehmerschaft aus dem BR heraus fällt und die Arbeitnehmer dadurch ihren betriebsverfassungsrechtlichen Schutz verlieren würden.
Diese Vorschrift ist für die Schwerbehindertenvertretungen bei unternehmensübergreifenden Umstrukturierungen anzuwenden.
Bei unternehmensinternen Umstrukturierungen hingegen, bei denen häufig ein Bedarf an einer übergangsweisen örtlichen Vertretung fehlt, etwa weil eine Gesamtschwerbehindertenvertretung gewählt ist (§ 180 Absatz 6 Satz 1 SGB IX) oder weil nur eine örtliche Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen gewählt ist (§ 180 Absatz 1 Satz 2 SGB IX), entfällt jedoch mangels Bedarfs eine analoge Anwendung des § 21a BetrVG.
Übergangsmandat – öffentlichen Dienst:
Im Geltungsbereich des BPersVG sind die Fälle, in denen Dienststellen aufgelöst, in andere eingegliedert oder umstrukturiert werden, nicht ausdrücklich geregelt. Aus Rechtsprechung und Literatur zu Änderungen in der Aufbaustruktur im Bereich des öffentlichen Dienstes und deren Auswirkungen auf die Personalvertretung ergeben sich in analoger Anwendung für das Amt der Schwerbehindertenvertretung folgende Grundsätze:
Das Amt der amtierenden Schwerbehindertenvertretung erlischt:
- Wird die Dienststelle vollständig aufgelöst, endet auch das Amt der Schwerbehindertenvertretung, weil dieses ohne zugehörige Dienststelle nicht bestehen kann.
- Wird eine Dienststelle in eine andere Dienststelle eingegliedert, so besteht die Schwerbehindertenvertretung der „aufnehmenden“ Dienststelle weiter fort; die Schwerbehindertenvertretung der aufgelösten Dienststelle erlischt.
- Das Amt der Schwerbehindertenvertretung endet ebenfalls, wenn durch Zusammenlegung mehrerer Behörden eine neue Dienststelle entstanden ist, die mit keiner der früher en Dienststellen identisch ist.
- Werden mehrere Betriebe zu einem (rechtlich) neuen Betrieb verschmolzen, endet das Amt der Schwerbehindertenvertretung des Betriebes mit den wenigsten Beschäftigten/ Arbeitnehmern. Dann erhält analog BetrVG § 21 a Abs.2 die SBV des an der Anzahl der Beschäftigten/ Arbeitnehmern größten Betriebs das nach § 21 a Abs.1 Satz 3 BetrVG bis zu sechs Monate andauernde Übergangsmandat.
Das Amt der Schwerbehindertenvertretung besteht in der Übergangszeit bis zur Neuwahl nur dann weiter fort, wenn es für die Personalvertretung gesetzliche Übergangsregelungen, zum Beispiel in den Landespersonalvertretungsgesetzen oder in dem Gesetz, welches die Neustrukturierung regelt, entsprechende Übergangsregelungen gibt. Zumindest ist ein Erlass der jeweils obersten Dienstbehörde erforderlich.
Wie bei Verwaltungsreformen im öffentlichen Dienst der Bundesländer beim Übergangsmandat zu verfahren ist, ist zum Beispiel in Art. 27a BayPVG (Bayern), in § 32 PersVG (Brandenburg), in § 32 SächsPersVG (Sachsen) und in § 26a PersVG LSA (Sachsen-Anhalt) geregelt.
Das Übergangsmandat wird im öffentlichen Dienst der Länder von diesen eigenständig geregelt nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts (EU-Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG) sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa für die Charité, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts des Landes Berlin.
BEST-PRACTICE-BEISPIEL:
Gelungenes Musterbeispiel für SBV-Übergangsmandate nach PolRG Art. 4 des Polizeistrukturreformgesetzes in BW
Linktipps zum Thema:
- Literaturtipp:
Dissertation, Bischoff, Susanne. Das Übergangsmandat des Betriebsrats:
„Zudem wird der Frage nach dem Übergangsmandat der Personalvertretung, der Schwerbehindertenvertretung sowie der Jugend- und Auszubildendenvertretung nachgegangen, die unter Beachtung der Umsetzungspflicht der Betriebsübergangs-RL 2001/23/EG zu beantworten ist.“
www.verlagdrkovac.de/3-8300-1222-5.htm - Übergangsmandat der MAV bei Betriebsausgliederung
1. Bei einer Betriebsabspaltung (Betriebsausgliederung) bleibt die bisherige Mitarbeitervertretung aufgrund eines Übergangsmandats auch für den ausgegliederten Betriebsteil voll zuständig. Das Übergangsmandat besteht jedoch nur für die Dauer von sechs Monaten.
2. Bei einem ohne Betriebsänderung durchgeführten Betriebsübergang auf einen anderen Dienstgeber (§ 613 a BGB) bleibt die Mitarbeitervertretung bis zu den nächsten ordentlichen Neuwahlen im Amt.
(Vorinstanz: Schlichtungsstelle der Ev. Kirche von Westfalen, Beschl. v. 1.10.1997 – 2 M 23/97)
Fundstellen: Neue Zeitung für Arbeitsrecht – Rechtsprechungsreport 10/98 S. 477; Die Mitarbeitervertretung 4/98 S. 191; Kirche und Recht 4/98 S. 257 - Kooperationsgesetz der Bundeswehr
§ 7 Abs. 5 BwKoopG (Übergangsmandat)
„Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Schwerbehindertenvertretungen.“
„Absatz 5 gewährleistet in entsprechender Anwendung der Vorschriften zum Übergangsmandat der Personalräte die frühzeitige Wahl einer SBV im Kooperationsbetrieb.“ (amtliche Gesetzesbegründung) http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/029/1502944.pdf#page=9 - BAG, Beschluss vom 07.04.2004, 7 ABR 35/03 (Rn. 30/31)
„I.1. Der Zulässigkeit der Anträge steht nicht entgegen, dass die Dienststelle, bei der die antragstellende Schwerbehindertenvertretung gewählt worden war, zum 1. Juni 2003 nach § 2 des Vorschaltgesetzes zum Gesetz über die Umstrukturierung der Hochschulmedizin im Land Berlin (HS-Med-G) vom 27. Mai 2003 (GVBl Berlin S. 185 ff.) Teil der neu gegründeten Körperschaft des öffentlichen Rechts „Charité – Universitätsmedizin Berlin (Charité)“ geworden ist. Dies führte nicht zur Beendigung des Amts der Schwerbehindertenvertretung.
Das Vorschaltgesetz enthält keine ausdrückliche Regelung über ein Übergangsmandat für die Schwerbehindertenvertretung. In § 4 Abs. 1 Satz 2 HS-Med-G ist lediglich bestimmt, dass die bei Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden örtlichen Personalräte der Fusionspartner Freie Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin bis zum Ablauf ihrer Amtszeit im Amt bleiben. Nach § 4 Abs. 1 Satz 4 HS-Med-G bleiben auch die in beiden Universitäten gewählten Gesamtpersonalräte in ihrer personellen Zusammensetzung und in ihrer Zuständigkeit unberührt. Diese Bestimmungen sind nach ihrem Sinn und Zweck auf die in den bisherigen Dienststellen gewählten Schwerbehindertenvertretungen entsprechend anzuwenden. Durch die Regelungen in § 4 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 HS-Med-G sollte die personalvertretungsrechtliche Kontinuität bis zu den regelmäßigen Neuwahlen der Personalräte gewahrt bleiben. Dies diente nicht nur der Vermeidung einer personalvertretungslosen Zeit in den auf Grund der Umstrukturierung neu entstehenden Dienststellen, sondern auch der Vermeidung ansonsten erforderlicher außerplanmäßiger Neuwahlen. Die Umstrukturierungen sollten sich daher für die verbleibende Dauer der Amtszeit auf die Arbeitnehmervertretungen nicht auswirken. Dieser Regelungszweck gilt gleichermaßen für die in den Dienststellen gewählten Schwerbehindertenvertretungen, auch wenn diese in § 4 Abs.1 HS-Med-G nicht ausdrücklich erwähnt sind.“