Aussetzung einer Entscheidung / eines Beschlusses

Bei der Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte der Schwerbehindertenvertretung sind unter bestimmten Voraussetzungen Entscheidungen des Arbeitgebers und Beschlüsse des Betriebsrats oder des Personalrats auszusetzen.

Entscheidung des Arbeitgebers:

Die Schwerbehindertenvertretung ist vor einer Entscheidung des Arbeitgebers zu hören, d. h., ihr ist Gelegenheit zu geben, innerhalb einer angemessenen Frist Stellung zu nehmen. Ihre Überlegungen sind bei der Entscheidung des Arbeitgebers ernsthaft mit einzubeziehen.
Die Durchführung oder Vollziehung einer Entscheidung des Arbeitgebers, die dieser ohne die erforderliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung getroffen hat, ist auszusetzen (§ 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX).
Entscheidet sich der Arbeitgeber z.B. zur Umsetzung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers und versäumt er die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, dann muss er von sich aus die tatsächliche Durchführung der Umsetzung zurückstellen. Innerhalb von 7 Tagen ist die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nachzuholen und anschließend entscheidet der Arbeitgeber endgültig.
Wird eine Maßnahme gegenüber einem schwerbehinderten Menschen ohne vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung durchgeführt, kann dies als Ordnungswidrigkeit gem. § 238 Abs. 1 Nr. 9 SGB IX geahndet werden.

Beschluss des Betriebsrats oder des Personalrats:

Die Schwerbehindertenvertretung kann einen Beschluss des Betriebs- oder Personalrats auf ihren Antrag auf die Dauer von einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlussfassung an aussetzen (SGB IX § 178 Abs. 4 Satz 2).
Dies setzt aber voraus, dass die Schwerbehindertenvertretung den Beschluss des Gremiums als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Schwerbehinderten erachtet. Hierbei hat sie einen Beurteilungsspielraum, der vom Betriebs- bzw. Personalrat nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die Interessenbeeinträchtigung muss nicht objektiv bestehen. Es genügt vielmehr, wenn die Schwerbehindertenvertretung eine Interessenbeeinträchtigung als gegeben annimmt.
Der Betriebs- oder Personalrat muss daher auf einen Antrag der Schwerbehindertenvertretung den gefassten Beschluss aussetzen. Diese Pflicht besteht ausnahmsweise nur dann nicht, wenn die Schwerbehindertenvertretung ihren Antrag überhaupt nicht begründet oder die angeführte Begründung offensichtlich willkürlich erscheint.
Weigert sich Betriebs- / Personalrat, den Beschluss für die Dauer einer Woche auszusetzen, kann die Schwerbehindertenvertretung durch einstweilige Anordnung beim Arbeits- oder Verwaltungsgericht die Aussetzung erzwingen. Das ist allerdings nicht mehr möglich, wenn der Beschluss des Betriebs- oder Personalrats bereits vollzogen worden ist.
Insofern stellt sich das Aussetzungsrecht als „stumpfes Schwert“ dar, welches den guten Willen und die Verständigungsbereitschaft der verschiedenen kollektiven Interessenvertretungen voraussetzt und vor allem Gesprächsbereitschaft und Suche nach gemeinsamen Lösungen fördern soll.
Die Aussetzungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Beschlussfassung und beträgt eine Woche. Innerhalb dieser Frist ist eine Verständigung mit dem Betriebs- bzw. Personalrat zu versuchen (vgl. § 35 Abs. 1 BetrVG; § 39 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Nach Ablauf der Frist muss über die Angelegenheit neu beschlossen werden. Falls der Beschluss der allgemeinen Interessenvertretung erneut bestätigt wird, kann die Schwerbehindertenvertretung den Antrag auf Aussetzung nicht wiederholen. Das gilt auch dann, wenn der erste Antrag nur unerheblich geändert wird. Falls allerdings ein wesentlich anderer Beschluss ergeht, kann ein zweiter Aussetzungsantrag gestellt werden. Ergeht nach Ablauf der Wochenfrist kein neuer Beschluss, wird der erste Beschluss unangreifbar.