Änderung in der Wahlordnung für die ev. Kirche

§ 15 – Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

( 1 ) Wahlberechtigt sind alle in der Dienststelle, für die die Mitarbeitervertretung gewählt wird, beschäftigten schwerbehinderten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Personen, die gemäß § 151 Absatz 2 SGB IX mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind.

(1a) Wahlvorschläge können von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen abgegeben werden, die berechtigt sind, die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu wählen.

( 2 ) Die Wahl der Vertrauensperson wird im Briefwahlverfahren (Beschluss dazu) durchgeführt, ohne dass es eines Verlangens der Wahlberechtigten bedarf. Anstelle des Aushangs oder der sonstiger Bekanntgabe werden die Wahllisten den wahlberechtigten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vom Wahlvorstand übersandt. Im Übrigen gelten für die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Vorschriften über die Wahl der Mitarbeitervertretung entsprechend. Gemäß § 50 Absatz 4 MVG.EKD sind auch nicht schwerbehinderte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wählbar.


SBV in einer evangelischen Einrichtung

Mitarbeitervertretungsgesetz

Ab 1.1.2019 – Änderungen im MVG.EKD


Das Kirchenrecht kennt je nach Konfession verschiedene Ausnahmen bzw. Ergänzungen zum SGB IX.
Wegen der Weimarer Verfassung, die in einigen Bestimmungen auch heute noch gültig ist, besteht im kirchlichen Bereich die Befugnis, speziell bestimmte Regelungen zur Schwerbehindertenvertretung in den §§ 176 ff SGB IX für nicht anwendbar zu erklären, auszuschließen bzw. einzuschränken wegen des verfassungsrechtlich geschützten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 Grundgesetz).

Hier nun Verlinkungen zu den jeweiligen Fundstellen, die zu diesem Thema passen:


Auszug aus dem Kommentar zum Thema „Wahl“
Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, 2. Lfg., 7/2002 zum SGB IX § 177 (6) (alt: § 94)

II. Die Wahl einer besonderen Interessenvertretung schwerbehinderter Menschen und die Bezüge zum Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht

Rn6

Die Wahl einer besonderen Schwerbehindertenvertretung.
§ 94 Abs. 1 Satz 1 schreibt zwingend vor, dass in Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt werden. Das SGB IX stellt die Schwerbehindertenvertretung als besondere Interessenvertretung der schwerbehinderten Menschen gleichberechtigt neben die Arbeitnehmervertretungen der Beschäftigten insgesamt. Gleichzeitig weisen die Regelungen des SGB IX über die Wahl, die Aufgaben und die Rechtsstellung der Schwerbehindertenvertretung in erheblichem Maß Parallelen zu den Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- und Präsidialräten auf (vgl. nur § 95 Abs. 1 Sätze 1 und 2 einerseits und die § 80 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 sowie 85 Abs. 1 BetrVG bzw. den § 68 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BPersVG und die entsprechenden Vorschriften der Landespersonalvertretungsgesetze – z. B. § 64 Nrn. 1, 2 und 5 LPVG NW andererseits zur Aufgabenstellung sowie § 96 Abs. 3 hinsichtlich der Gleichartigkeit der persönlichen Rechtsstellung). Die Verzahnung der genannten Interessenvertretungen aller Beschäftigten mit der Schwerbehindertenvertretung wird am Gebot der wechselseitigen Unterstützung bei der jeweiligen Aufgabenwahrnehmung in § 99 deutlich, ferner am Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung an den Sitzungen der anderen Interessenvertretungen nach § 95 Abs. 4, § 32 BetrVG sowie § 40 Abs. 1 BPersVG und den entsprechenden Vorschriften der Landespersonalvertretungsgesetze, z. B. § 36 Abs. 1 Satz 1 LPVG NW. Die Regelungen des SGB IX über die Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigten stellen somit betriebsverfassungs- bzw. personalvertretungsrechtliche Normen im weiteren Sinne dar (vgl. Schimanski, in: GK-SchwbG, § 24 Rn. 3).

Rn7

Dies wirft Fragen bezüglich der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung im kirchlichen Bereich auf.
Nach § 118 Abs. 2 BetrVG, § 112 BPersVG sowie den entsprechenden Vorschriften der Landespersonalvertretungsgesetze (z. B. § 120 LPVG NW) finden weder das BetrVG noch die Personalvertretungsgesetze auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen – unbeschadet deren Rechtsform – Anwendung. Fraglich ist deshalb, ob auch im kirchlichen Bereich die zwingende Verpflichtung zur Wahl einer Schwerbehindertenvertretung gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 gilt. Das – eigenständige – kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht enthält jedoch für die Bildung einer Schwerbehindertenvertretung keine besonderen Vorschriften, sondern setzt die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung nach dem Schwerbehindertenrecht voraus und regelt daran anschließend deren Mitwirkungsrechte (zum Teil abweichend vom SGB IX, vgl. z. B. § 46 der Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung – MAVO der katholischen Kirche Deutschlands). Die Zurückhaltung der kirchlichen Gesetzgeber beruht darauf, dass sie insoweit einen Geltungsanspruch des staatlichen Rechts grundsätzlich anerkennen (vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 2. Aufl. 1992, § 17 Rn. 80). Daraus folgt, dass § 94 vom Grundsatz her auch im kirchlichen Bereich Anwendung findet, also insbesondere in den Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten, Altersheimen und Jugendhilfeeinrichtungen, die dem Begriff der karitativen und erzieherischen Einrichtungen der Religionsgemeinschaften unterfallen (vgl. zu diesen Einrichtungen die Nachweise der Rechtsprechung des BAG bei Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt (F/K/H/E/S), BetrVG, 21. Aufl. 2002, § 118 Rn. 57).
Die verfassungsrechtlich in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Verfassung garantierte Autonomie der Kirchen verpflichtet den Staat allerdings, den Religionsgemeinschaften u. a. im Arbeitsrecht, d. h. also auch im Recht der Interessenvertretung der Arbeitnehmer/innen eigene Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen, wie sie den kirchlichen Dienst und seine arbeitsrechtliche Ordnung gestalten wollen (vgl. dazu BVerfG vom 4.6.1985, BVerfGE 70, 138 ff.; BAG vom 11.3.1986, NJW 1986, 2591 = NZA 1986, 685 = DB 1986, 754; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 2 Rn. 25 ff., 36 ff. und § 15 Rn. 15 ff.). Die Kirchen im verfassungsrechtlichen Sinn haben deshalb das Recht, auch hinsichtlich der Schwerbehindertenvertretung eigenständige Regelungen in Abweichung von den §§ 94 ff. zu treffen. Das gilt beispielsweise für die Festlegung von Wahlterminen abweichend vom einheitlichen Wahltermin des § 94 Abs. 5 Satz 1, aber auch für die Beschränkung der Wählbarkeit auf Personen, die der Kirche angehören (so BAG vom 11.3.1986, a.a.O., zur Ordnung für die Mitarbeitervertretung in Diakonischen Einrichtungen der Evangelischen Kirche). Bei der Durchführung der Wahlen zur Schwerbehindertenvertretung im kirchlichen Bereich sind daher die Regelungen der Mitarbeitervertretungsgesetze und -ordnungen der Kirchen zu beachten (zur Vielzahl entsprechender landeskirchlicher Regelungen im Bereich der Evangelischen Kirche vgl. den Überblick bei Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 18 Rn. 8).

Quelle: Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, 2. Lfg., 7/2002
Sozialgesetzbuch IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – Kommentar.

Mit freundlicher Genehmigung durch Ulrich Adlhoch.