Bei der Zuerkennung eines höheren Behinderungsgrades dürfen nicht nur gravierende Einschränkungen im Beruf in den Blick genommen werden. Bei der Überprüfung des Grades der Behinderung (GdB) ist vielmehr das Gesamtbild der Einschränkungen in allen Lebensbereichen maßgeblich.
Geklagt hatte ein Diabetiker aus Magdeburg. Der Mann arbeitet in der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt als Referatsleiter für internationale Zusammenarbeit.
Wegen seiner Diabetes-Erkrankung musste er beruflich jedoch kürzertreten und insbesondere seine Auslandsreisen einschränken. Er hatte die Befürchtung, dass er im Ausland eine Unterzuckerung erleidet.
Das zuständige Versorgungsamt stellte bei dem Diabetiker einen GdB von 40 fest.
Der Kläger beanspruchte jedoch einen GdB von 50 und damit die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Er müsse viermal täglich seinen Insulinbedarf messen und sich die entsprechende Dosis spritzen. Insbesondere im Beruf sei er „gravierend“ eingeschränkt.
Die Behörde lehnte die Zuerkennung eines höheren GdB jedoch ab.
Auch das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt sah keinen Grund für einen höheren GdB. Der Kläger sei zwar in seinem Beruf deutlich eingeschränkt. Um einen höheren GdB geltend machen zu können, müssten aber „gravierende“ Einschränkungen in mehreren Lebensbereichen vorliegen. Der Kläger komme aber in anderen Lebensbereichen wie, Tagesplanung, Freizeit oder Ernährung gut zurecht.
Der 9. Senat des BSG folgte dem im Ergebnis. Allerdings komme es nicht zwingend darauf an, dass der Kläger in zwei oder mehr Lebensbereichen „gravierend“ eingeschränkt ist. Bei der Prüfung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Zuordnung eines GdB sei vielmehr eine Gesamtbetrachtung aller Lebensbereiche vorzunehmen. Dabei seien „strenge Anforderungen“ anzulegen.
Hier habe der Kläger zwar berufliche Einschränkungen aufgeführt. In der Gesamtbetrachtung sei aber der Kläger wegen seiner Erkrankung nicht so belastet, dass ihm ein höherer GdB bewilligt werden könne. Ein GdB von 50 werde beispielsweise bei einer Unterschenkelamputation oder bei Sprachstörungen zuerkannt, so dass Betroffene nur sehr eingeschränkt mit anderen Menschen kommunizieren können.
BSG, 16.04.2014, Aktenzeichen: B 9 SB 2/13 R