Was ist erlaubt?
Das BAG hat über die Zulässigkeit der tätigkeitsneutralen Frage nach einer Schwerbehinderung im Rahmen einer Einstellung nach wie vor inhaltlich immer noch nicht entschieden.
Wie haben die Gerichte zu diesem Thema bisher entschieden?
- Eine Entscheidung des LAG Frankfurt (Urteil. v.24.03.2010 – 6/7 Sa 1373/09), das sich gegen eine Zulässigkeit ausgesprochen hatte, wurde vom BAG aufgehoben (BAG, Urt. v. 07.07.2011 – 2 AZR 396/10), aber die Frage dann letztlich nicht entschieden (offengelassen auch in BAG, Urt. v. 26.06.2014 – 8 AZR 547/13).
- Positioniert hat sich das BAG nur zur tätigkeitsneutralen Frage im laufenden Arbeitsverhältnis (BAG, Urt. v. 16.02.2012 – 6 AZR 553/10) und die Zulässigkeit bejaht.
Dies hat das ArbG Hamburg in einem Urteil vom 27.06.2017, 20 Ca 22/17 wieder anders ausgelegt. - Gegen die Zulässigkeit der tätigkeitsneutralen Frage bei der Einstellung hatte, ebenso wie das LArbG Frankfurt, das ArbG Stuttgart entschieden (Urt. v. 16.03.2011 – 30 Ca 1772/10), allerdings wiederum aufgehoben und zurückverwiesen durch das LAG Stuttgart (Urt. v. 23.09.2011 – 18 Sa 49/11).
- Das LAG Halle (Urt. v. 07.06.2017 – 5 Sa 339/16) hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer körperlich in der Lage sei, die Tätigkeit zu verüben, und hielt diese, konkret auf die Tätigkeit bezogene, also nicht tätigkeitsneutrale Frage für zulässig.
Verwunderlich, dass so lange Zeit nach Inkrafttreten AGG noch nicht höchstrichterlich zur Frage entschieden wurde. Allerdings wird in den diversen Kommentierungen zum SGB IX nahezu einhellig die Meinung vertreten, dass die Frage unzulässig ist.
Ebenso unzulässig ist die „beliebte“ Befragung, ob ein schwerbehinderter Bewerber eine Beteiligung der SBV wünsche. Denn in § 178 SGB IX steht nichts, dass SBV-Beteiligung von einer Befragung abhängen würde, dass Zustimmung eingeholt werden müsse oder dass die Beteiligung gar von einem Antrag abhängig gemacht werden dürfe (Düwell, LPK-SGB IX, § 164 Rn. 152/153; Knittel, SGB IX, § 164 Rn. 74/75).
Was ist im Arbeitsvertrag erlaubt?
Die in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag enthaltene Erklärung des Arbeitnehmers, nicht den Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes (SGB IX) zu unterliegen, indiziert eine Benachteiligung wegen einer Behinderung..
ArbG Hamburg, Urteil vom 27.06.2017, 20 Ca 22/17
Berufung beim LArbG Hamburg eingelegt (Az.: 7 Sa 90/17)
Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat am 30.11.2017 unter dem Akz 7 Sa 90/17 die Berufung der Beklagten zurück gewiesen und der Anschlussberufung des Klägers stattgegeben, so dass eine Entschädigung in Höhe von 8100€ ausgeurteilt wurde.