Die außerordentliche Kündigung des Mitglieds einer Schwerbehindertenvertretung bedarf laut LAG Hamm der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung und nicht der des Betriebsrates.
Es um eine Frau (GdB von 50), die als Helferin in einem Seniorenzentrum arbeitete. Sie war als Vertrauensperson Mitglied in der Schwerbehindertenvertretung und gehörte zusätzlich dem Betriebsrat an. Nachdem Sie in den Verdacht geraten war, Waren auf Kosten einer Bewohnerin für ihren eigenen Gebrauch beschafft zu haben, beantragte der Arbeitgeber beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, die erteilt wurde. Ebenso beantragte er beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, was dieser aber verweigerte. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht, woraufhin Betriebsrat und Arbeitnehmerin Beschwerde einlegten.
Das LAG gab der Beschwerde statt – hier müsse anstatt des Betriebsrats die Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden.
Diese sei als eigenständige Repräsentantin der schwerbehinderten Menschen in ihrer amtlichen Funktion unmittelbar in ihrer Zusammensetzung betroffen. Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen besitzen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, namentlich was den Kündigungsschutz angeht, wie Mitglieder des Betriebs- oder Personalrates. Wenn solchen außerordentlich gekündigt werden soll, müsse auch das Gremium, dem sie angehören, die Zustimmung erteilen. Dafür spreche entscheidend auch der Sinn und Zweck des im BetrVG aufgestellten Zustimmungserfordernisses bei einer außerordentlichen Kündigung. Neben dem Schutz des jeweils betroffenen Amtsträgers soll verhindert werden, dass ein demokratisch gewähltes Gremium durch den Verlust einzelner Mitglieder in seiner Funktionsfähigkeit und in der Kontinuität der Amtsführung beeinträchtigt wird. Dieses Ziel ist nach Auffassung des LAG nur dann (effektiv) zu erreichen, wenn das jeweils betroffene Gremium selbst über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung entscheidet, hier also die Schwerbehindertenvertretung.
LAG Hamm, Beschluss vom 21.01.2011, Az: 13 TaBV 72/10
Bitte auch folgendes BAG-Urteil zu dem Sachverhalt betrachten: BAG, Urteil vom 19.07.2012, Az: 2 AZR 989/1