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Anspruch auf einen „leidensgerechten“ Arbeitsplatz haben nur schwerbehinderte oder deren gleichgestellte Menschen.

Ein Bankbeschäftigter wollte nach längerer Erkrankung zurück an seinen Arbeitsplatz. Zuletzt war er als Vermögensberater beschäftigt, dort hatte ihn der Leistungsdruck, der Zahlenstress und das Fehlen von Unterstützung krank gemacht.
Über drei Monate hinweg lehnte der Arbeitgeber eine Rückkehr des Mannes an seinen alten Arbeitsplatz ab, mit dem Hinweis auf seine Erkrankung.
Der rückkehrungswillige Mann bot von sich aus verschiedene Tätigkeit in der Bank an, was der Arbeitgeber auch ablehnte. Schließlich wurde er im Bereich Firmenkunden wieder beschäftigt.
Der Mann verklagte die Bank auf Schadensersatz in Höhe von fast 18000€. Er war der Meinung, die Bank hätte ihn bereits ab April entsprechend seiner Vorstellungen beschäftigen müssen.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln lehnte die Ansprüche des Mannes auf Nachzahlung des Lohnes ab und machte klar, dass der Mann keinen Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz hat.
Kein Annahmeverzug
Der Mann hat keinen Anspruch auf Nachzahlung des ausgebliebenen Gehalts aufgrund Annahmeverzug (§§ 615, 611a BGB). Er konnte aus gesundheitlichen Gründen seinen zuletzt zugewiesenen Job nicht mehr ausüben. Er konnte nicht einfach selbst eine andere Tätigkeit anbieten. Geschuldet ist immer nur die vom Arbeitgeber zugewiesene Tätigkeit (BAG 14.10.2020 – 5 AZR 649/19).

Kein Schadenersatz für fehlenden leidensgerechten Arbeitsplatz
Der Mann konnte aus gesundheitlichen Gründen seine ursprüngliche Tätigkeit nicht mehr ausüben. Vom Arbeitgeber hätte er unter bestimmten Umständen die Neuausübung seines Weisungsrechts nach § 106 GewO verlangen können. Der Arbeitgeber muss die gesundheitlichen Einschränkungen grundsätzlich berücksichtigen. Er muss versuchen, einen „leidensgerechten“ Arbeitsplatz für Beschäftigte zu ermöglichen. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, wird er nach § 280 BGB schadensersatzpflichtig.

Dazu muss ein solcher Arbeitsplatz aber im Betrieb vorhanden und auch frei sein. Im vorliegenden Fall war dies nicht der Fall. Der Arbeitgeber konnte keine passende Stelle in der Bank finden, die den Anforderungen des Mannes entsprochen hätten. Die Entscheidung, wie Arbeitsplätze im Unternehmen gestaltet werden, liegt im Ermessen des Arbeitgebers.

Kein Anspruch aus dem SGB IX
Der Beschäftigte war weder schwerbehindert noch einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Er kann er sich daher nicht auf einen Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung nach § 164 Abs. 4 SGB IX berufen oder auf das Benachteiligungsverbot nach § 164 Abs. 2 SGB IX in Verbindung mit dem AGG.

Grundsätzlich haben Beschäftigte schon einen Anspruch aus gesundheitlichen Gründen auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz. Aber, der Arbeitgeber muss keinen solchen Arbeitsplatz extra schaffen. Der Beschäftigte muss diesen explizit nachweisen.
LAG Köln 17.10.2023 Az. 4 Sa 1/23

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