Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer bei Versammlungen

Da gemäß § 178 (6) SGB IX die für Betriebs- und Personalversammlungen geltenden Vorschriften anzuwenden sind, gilt folgendes Urteil auch für die SB-Versammlung:

Die Teilnahme an einer Betriebsversammlung ist keine Arbeitsleistung. Der Arbeitnehmer erbringt mit seiner Teilnahme keine vertraglich geschuldete Tätigkeit. Er macht lediglich von einer ihm betriebsverfassungsrechtlich eingeräumten Befugnis Gebrauch (BAG v. 14.11.2006 – 1 ABR 5/06). Aus diesem Grunde unterliegt die Zeit der Teilnahme an der Betriebsversammlung nicht den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes über die Höchstarbeitszeiten, die Ruhepausen und Ruhezeiten (§ 3 bis 5 ArbZG). Dennoch ist die Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung einschließlich zusätzlicher Wegezeiten „wie Arbeitszeit“ zu vergüten (§ 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG), ohne selbst Arbeitszeit zu sein. Die Arbeitnehmer dürfen durch ihre Teilnahme an der Betriebsversammlung keine finanziellen Einbußen erleiden. Diese Regelung gilt nicht im Bereich des öffentlichen Dienstes.

Der Vergütungsanspruch ist ausschließlich davon abhängig, ob der Arbeitnehmer an der Betriebsversammlung teilnimmt. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung unterliegt daher nicht dem Lohnausfallprinzip, sondern entsteht unabhängig davon, ob ohne die Teilnahme ein Lohnanspruch bestanden hätte oder nicht (BAG v. 31.5.1989 – 7 AZR 574/88). Diese Regelungen gelten nicht für außerordentliche Betriebsversammlungen, die auf Veranlassung des Betriebsrats oder von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer einberufen wird (§ 43 Abs. 3 BetrVG). Arbeitnehmer, die an der Betriebsversammlung teilnehmen, erhalten daher ihr übliches Entgelt einschließlich der Zulagen. Das heißt in der Praxis:

    • Das Arbeitsentgelt eines Arbeitnehmers, der während seiner persönlichen Arbeitszeit an einer der o. a. Betriebsversammlungen teilnimmt, wird für die Zeit der Teilnahme fortgezahlt, als hätte er an seinem Arbeitsplatz Arbeit verrichtet.
    • Ein Arbeitnehmer, der außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit an einer der o. a. Betriebsversammlungen teilnimmt (z.B. Teilzeitbeschäftigter, Schichtarbeiter usw.) erwirbt für die Zeit der Teilnahme einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten einen Vergütungsanspruch (nicht Freizeitausgleichsanspruch).

Das gilt für Arbeitnehmer, die während ihres Urlaubs an einer Betriebsversammlung teilnehmen, ebenso wie für arbeitsunfähig krank geschriebene Mitarbeiter, die auch während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit ein Teilnahmerecht haben. Die Vergütung ist zusätzlich zum gezahlten Urlaubsentgelt bzw. zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu zahlen. Das gilt unabhängig davon, ob die Betriebsversammlung außerhalb oder innerhalb ihrer üblichen persönlichen Arbeitszeit stattfindet (BAG v. 5.5.1987 – 1 AZR 665/85). Auch Arbeitnehmer in ruhenden Arbeitsverhältnissen (Personen in Elternzeit, Wehr- und Zivildienstleistende) erwerben bei Teilnahme an der Betriebsversammlung einen Anspruch auf Vergütung Arbeitnehmer, die nicht an der Betriebsversammlung teilnehmen und sich währenddessen an ihrem Arbeitsplatz befinden, haben auch dann Lohnanspruch, wenn sie in dieser Zeit keine Arbeit zu verrichten haben. Arbeitnehmer, die außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit an einer Betriebsversammlung teilnehmen, haben Anspruch auf Vergütung der zusätzlichen Wegezeiten und Fahrtkostenersatz (§ 44 Abs. 1 Satz 2 u. 3 BetrVG). Zusätzliche Wegezeit ist die Zeit, die ein Arbeitnehmer über die Wegezeit hinaus aufwenden muss, die er benötigt, um seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen zu können (BAG v. 5.5.1987 – 1 AZR 666/85). Das trifft zu für Teilzeitbeschäftigte, Schichtarbeiter usw., wenn sie an der Betriebsversammlung teilnehmen, die außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit stattfindet, und sie sich nicht am Ort der Betriebsversammlung befinden.

Sabine zu den SBV-Tagen

„Vielen Dank für die Möglichkeit, sich mit vielen SBV´n auszutauschen. Man lernt immer wieder neue interessante Menschen, deren Erfahrungen und Meinungen kennen und geht gestärkt in seinen beruflichen Alltag zurück.
Hoffentlich gibt es KomSem und diese Seminare in einer derart entspannenden Atmosphäre wie dem Bernrieder Hof noch sehr sehr lange.“

Fehlende Bestellung eines Schwerbehindertenbeauftragten ist Indiz für eine Diskriminierung

Stellenanzeige – Altersdiskriminierung – Diskriminierung wegen einer Behinderung – Fehlender Inklusionsbeauftragter

  1. Die in der Stellenanzeige enthaltene Suche nach einer „Verstärkung unseres jungen Teams“ mit einer Person, welche gerade das Studium erfolgreich abgeschlossen hat und nach einem Einstieg sucht, indiziert eine unmittelbare Altersdiskriminierung.(Rn.65) (Rn.68)
  2. Dasselbe gilt für die Suche nach einer „Verstärkung unseres jungen Teams“ mit einem „frisch gebackenen Juristen“ .(Rn.71)
  3. Der in einem Lebenslauf an dessen Ende unter der Überschrift „Besondere persönliche Merkmale“ allein enthaltene Vermerk „zu 80 % schwerbehindert“ ist ein ausreichender Hinweis auf eine bestehende Schwerbehinderung. (Rn.85)
  4. Die Verletzung der Förderpflicht nach § 164 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX(Rn.89), die fehlende Bestellung eines Schwerbehindertenbeauftragten nach § 181 SGB IX(Rn.90) sowie die Nichterfüllung der Mindestbeschäftigungsquote nach § 154 Abs. 1 SGB IX indizieren eine Diskriminierung  wegen Behinderung.(Rn.91)
  5. Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs bei der Geltendmachung einer Entschädigung nach § 15 AGG (hier: verneint).(Rn.94)

LAG Hamm, Urteil vom 13.06.2017, Az: 14 Sa 1427/16

Krankheitsbedingte Kündigung – ordnungsgemäße Einladung zum BEM

LAG Hamburg 7. Kammer, Urteil vom 08.06.2017, 7 Sa 20/17

Änderungskündigung – korrekte Beteiligung der SBV

Änderungskündingung ohne korrekte Beteiligung unwirksam

Die unterbliebene Anhörung der SBV führt zur Unwirksamkeit der Kündigung eines sbM, wenn dieser die Kündigung angreift.
Die Begründung ergibt sich aus dem SGB IX § 178 Absatz 2!
Versäumt der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Änderungskündigung und vor dem Antrag an das Integrationsamt auf Zustimmung die SBV zu beteiligen, hat sich eine fristgerecht erhobene Kündigungsschutzklage als unwirksam zu erweisen.
Die Unwirksamkeit der Änderungskündigung ergebe sich daraus, dass die Unterrichtung und Anhörung der SBV bereits abgeschlossen sein muss, bevor der Antrag beim zuständigen Integrationsamt gestellt wird.
Wenn jedoch der Antrag auf Zustimmung schon gestellt wurde, müsse davon ausgegangen werden, das der Arbeitgeber seine Willensbildung bereits abgeschlossen und seinen Willen nach außen erkennbar manifestiert habe.
Wenn aber die Willensbildung bereits als abgeschlossen zu bewerten ist, wovon im vorliegenden Fall auszugehen ist, ist eine Beteiligung der SBV an der Willensbildung schlechthin nicht vorstellbar.

ArbG Hagen, Urteil vom 06.03.2018, Az.: 5 Ca 1902/17

Versetzung setzt kein BEM voraus

Wirksame Versetzung setzt kein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) voraus

Sind Beschäftigte über 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig, muss der Arbeitgeber mit den Betroffenen klären, welche Leistungen oder Hilfen möglich sind, um erneute Arbeitsunfähigkeit zu verhindern und den Arbeitsplatz zu erhalten. Diese Klärung nennt man Betriebliches Eingliederungsmanagement.
Allein das Unterlassen eines BEM führt nicht dazu, dass eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam ist.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) setzt auch eine krankheitsbedingte Versetzung kein vorheriges BEM voraus.

Newsletter 05-2018

Der Newsletter für den Monat Mai beinhaltet folgende Themen:

  1. Wahl der SBV
  2. Datenschutz im BR / PR / SBV-Büro
  3. Sucht: Nicht nur Alkohol – auch Medikamente machen süchtig
  4. Arbeitsschutz bei psychischen Belastungen
  5. ..aus dem Gericht
  6. Seminare
  7. SGB IX – Neue Auflage erschienen!

Kündigung – Unwirksamkeitsklausel

Erste Entscheidung zur Unwirksamkeitsklausel bei Kündigungen ohne Beteiligung der SBV

Die Autoren Wolfhard Kohte und Matthias Liebsch besprechen die Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Darmstadt.
Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob eine Konzernschwerbehindertenvertretung (KSBV) bei der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen in einem SBV-losen Betrieb desselben Konzerns beteiligt werden muss, wenn zugleich keine Gesamt-SBV besteht und welche Rechtsfolge eine unterlassene Beteiligung hat.

Das ArbG bejahte unter Anwendung der Ersatzzuständigkeit gemäß § 180 Abs. 6 Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX) eine Beteiligungspflicht der KSBV, so dass die Kündigung im Ergebnis nach der neuen Unwirksamkeitsklausel des § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX unwirksam sei.

Besprechung der Entscheidung

ArbG Darmstadt, Urteil v. 14.11.2017 – 9 Ca 249/17

Arbeitgeber müssen die Listen der sbM vorlegen

Die Arbeitgeber haben gemäß § 163 SGB IX der für ihren Sitz zuständigen Agentur für Arbeit einmal jährlich bis spätestens zum 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr, aufgegliedert nach Monaten, die Daten anzuzeigen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Ausgleichsabgabe notwendig sind.
Der Anzeige sind das nach Absatz 1 geführte Verzeichnis sowie eine Kopie der Anzeige und des Verzeichnisses zur Weiterleitung an das für ihren Sitz zuständige Integrationsamt beizufügen.
Dem Betriebs- bzw. Personalrat und der Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist je eine Kopie der Anzeige und des Verzeichnisses zu übermitteln.

Die Nichtvorlage entspricht einer Behinderung der Mandatsarbeit (siehe auch BAG-Urteile)