Entschädigung eines schwerbehinderten Bewerbers

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einem schwerbehinderten Bewerber einen Entschädigungsanspruch zugesprochen wegen fehlender Meldung des Arbeitsplatzes bei der Agentur für Arbeit (AfA).

Verstoßen Arbeitgeber gegen Vorschriften, Verfahrens- oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen, begründet dies in der Regel die gesetzliche Vermutung, dass der erfolglose schwerbehinderte Bewerber im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit benachteiligt wurde.

§ 165 SGB IX regelt die Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig freiwerdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden. Im vorliegenden Fall hatte sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber beworben. Dieser lud den Bewerber mangels Qualifikation nicht zum Vorstellungsgespräch ein.

Daraufhin machte der Bewerber gemäß § 15 (2) AGG Schadenersatz gelten wegen Benachteiligung. Das Gericht sprach dem Bewerber einen Entschädigungsanspruch zu, da das Stellenangebot nur über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht worden war. Dies begründet einen Verstoß gegen § 165 S.1 SGB IX. Der öffentliche Arbeitgeber hätte, die mit schwerbehinderten Menschen besetzbare Stelle der zuständigen AfA melden müssen.

BAG 25.01.2021 8 AZR 313/21

Inklusion leben

Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, stellt unter dem Motto: „nicht kleckern, sondern klotzen“, seine Arbeitsschwerpunkte der kommenden Legislaturperiode in einer Presseerklärung vor.

Freistellung von angeordneten Bereitschaftszeiten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einen Anspruch eines schwerbehinderten Beschäftigten auf Freistellung von als Rufbereitschaft angeordneten Bereitschaftszeiten bestätigt. Die Anordnung von Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft ist grundsätzlich vom Direktionsrecht des AG umfasst.
§ 207 SGB IX verbietet – nach entsprechendem Verlangen – die Anordnung von Mehrarbeit. Mehrarbeit ist jede über gesetzliche regelmäßige Arbeitszeit des § 3 S. 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit. Trotz Schutz des § 207 SGB IX ist auch ein schwerbehinderter Mensch grundsätzlich zur Leistung von Bereitschaftszeiten verpflichtet, soweit damit keine Mehrarbeit verbunden ist.
Ein Verstoß gegen § 207 SGB IX kann jedoch dann vorliegen, wenn es sich bei den Bereitschafszeiten insgesamt um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes handelt. Arbeitszeit liegt insbesondere dann vor, wenn Beschäftigte während der Bereitschaftszeiten in Form von Rufbereitschaft objektiv gesehen so erheblichen Einschränkungen unterworfen sind, dass sie ihre Zeit, in der ihre beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen wird, nicht hinreichend frei gestalten und sich eigenen Interessen widmen können.

BAG, Urt. v. 27.7.2021 – 9 AZR 448/20

Kurzarbeit kürzt den Urlaub

Im vorliegenden Fall hat das BAG eine kontrovers diskutierte Frage abschließen entschieden. Es ging um die Frage, ob ein Arbeitgeber bei Kurzarbeit Null den Urlaub der Beschäftigten anteilig kürzen darf. Der Arbeitgeber verglich hier Teilzeitbeschäftigung mit Kurzarbeit. Auch während der Kurzarbeit seien die Leistungspflichten ausgesetzt und ohne Arbeitspflicht entstünden keine Urlaubsansprüche, so die Argumentation. Der Arbeitgeber kürzte den Urlaubsanspruch anteilig für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null um 1/12 was das BAG nun als rechtens angesehen hat.

BAG vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21